Sportunterricht der besonderen Art

Beispielfoto (Quelle: www.pixabay.com)

Ein Erfahrungsbericht von Ida Rühl (Klasse 11)

Relativ zu Beginn des Schuljahres fragte uns unsere Tutorin Frau Müller, ob wir nicht Interesse daran hätten, anstelle des Sportunterrichts in der Schule, Klettern zu gehen, da ein Schüler diese Idee vorgeschlagen hatte.

Die Bedingungen: Man müsse zwei Samstage dafür „opfern“, hätte dann jedoch bei Bestehen der Prüfung einen Kletterschein und die ersten beiden Sportstunden montags frei, da das Klettern als Ersatzleistung zum Thema Ausdauer eingebracht wird und die Stunden ja entsprechend „vorgearbeitet“ wurden. Alle waren sofort Feuer und Flamme, denn wer würde denn bei dem Angebot nein sagen?  

Selbst wenn wir nicht die ersten beiden Montagsstunden frei bekommen hätten, hätte ich persönlich auch dann zugestimmt. So war das natürlich ein willkommener Zusatzpunkt, denn montags erst später aufstehen zu müssen, ist natürlich sehr attraktiv…🙃  

Am 30. Oktober war es dann endlich soweit und unser erster Klettersamstag stand vor der Tür. In der Klasse hatten sich schnell Fahrgemeinschaften gebildet, damit nicht alle einzeln anreisen mussten. Unser Ziel war die T-Hall Frankfurt. Dort angekommen, wurden wir herzlich von Mirjam Müllers Hunden begrüßt, die natürlich nicht fehlen durften und ein großes Highlight für unsere Klasse waren. Besonders Klara (eine der Vierbeinerinnen) hatte vermutlich einen der schönsten Tage ihres Lebens, da alle aus der Klasse dazu bereit waren, sie mit Streicheleinheiten zu verwöhnen. Zur Unterstützung hatte Frau Müller eine Freundin namens Bea mit an Bord geholt. Und da beide aus dem Klettersport kommen, waren wir in den besten Händen.  

Weil jedoch noch nicht alle aus unserer Klasse Erfahrungen mit dem Klettern gemacht hatten, bekamen wir zuerst eine Einweisung, wie man seinen Klettergurt richtig anzieht, damit auch am Ende alle sicher klettern können. Danach wurden wir in zwei Gruppen aufgeteilt. Die eine Hälfte machte bei Bea Vertrauensübungen, da dies das A und O beim Klettern sei. Als psychologische Fachkraft teilte Bea hierbei ihr Wissen über Vertrauenspsychologie mit uns. Wir mussten uns beispielsweise nach hinten fallen lassen, wo dann unser/e Partner/in stand, um uns aufzufangen. Für die meisten stellte dies kein Problem dar und wir vergrößerten den Abstand, sodass man immer länger fiel, bevor man aufgefangen wurde. Dann machten wir noch gruppenstärkende Spiele. Bei einem Spiel war es die Aufgabe, ein T-Shirt auszuziehen und dem/r Partner/in zu geben, der/die es dann wieder anzieht, und das alles, während man an der Kletterwand hängt und gegen ein anderes Team antritt.  

Die andere Hälfte erfuhr bei Mirjam Müller, wie man einen professionellen Knoten in sein Seil bindet und wie man diesen richtig an seinem Gurt befestigt. Danach lernten wir das Sichern. Wir durften dann auch schon in Dreierteams mit sogenannter Hintersicherung klettern, damit der/die Partner/in das Sichern mit dem Grigri üben konnte. 

Danach gab es dann selbstmitgebrachten Speisen zum Mittagessen von, ergänzend dazu lockte uns gefühlt eine Tonne an Süßigkeiten und Kuchen, die Mirjam Müller für uns gekauft hatte… 
Nach dem Mittagessen durften wir dann in der Halle frei wählen, welche Wände wir klettern wollten. Vor jedem Klettern mussten wir jedoch stets noch einmal von Bea oder Mirjam Müller kontrolliert werden, damit auch alles richtig sitzt.  

Am zweiten Samstag stand dann die Prüfung an. Wir erwarteten eine typische Prüfungssituation, jedoch hatten sich die beiden etwas Anderes und meiner Meinung nach Besseres ausgesucht. Sie ließen uns eigenständig klettern und dabei liefen sie durch die Halle und schauten bei jedem mal vorbei. Dabei prüfte uns unsere Lehrerin, ohne dass wir es mitbekamen. Daher hatte man auch keinen Prüfungsdruck, denn man war sich ja jeweils gar nicht bewusst, dass man gerade überprüft wurde. Auch musste jede/r ein Falltraining absolvieren, was daraus bestand, dass der/die Kletternde ohne Vorwarnung loslassen sollte, sodass man ins Seil fiel. Dies diente dazu, dass die sichernde Person immer ihre Wachsamkeit unter Beweis stellen musste, da der/die Kletternde zu jeder Zeit abstürzen könnte. Als nächste Stufe zog der/die Sichernde das Seil nicht mehr ein – auch wenn das natürlich im Normalfall nicht der Sinn der Sache sein soll – und man musste auf Mirjam Müllers Kommando hin, die als Hintersicherung dabei war, loslassen, sodass man ein Stück nach unten fiel. Bei der letzten Stufe wurde das Seil ebenfalls nicht mehr eingezogen, jedoch musste man zudem auch noch zu einem höhergelegenen Griff springen, den man absichtlich verfehlte, damit man noch weiter nach unten fiel und die sichernde Person sogar ein Stück abhob. Der Sinn dahinter wiederum war, dass der/die Kletternde Vertrauen in den Gurt gewinnt und somit weiß, wie es ist, wenn man doch mal abrutscht – und wie man lernt, bei einem Fall richtig zu agieren. Für den/die Sichernde war hierbei wichtig, dass man immer aufmerksam ist und das Seil niemals loslässt, selbst wenn man vielleicht von den Füßen gehoben oder in Richtung Wand gerissen wird.  

Danach zeigten uns die Beiden, was passiert, wenn man als sichernde Person zu weit von der Wand entfernt steht. Nach dieser kurzen, aber eindrucksvollen Vorführung gab es dann Pizza. Der Pizzaservice hatte jedoch aufgrund eines Staus Lieferschwierigkeiten und alle waren erleichtert, als die ersehnte Mahlzeit dann nach langem Warten endlich ankam. Im Anschluss durften wir dann ein weiteres Mal frei wählen, welche Wände wir klettern wollten, bis wir schlussendlich leider alle abgeholt wurden. 

Auch wenn das wirklich zwei anstrengende Samstage waren, haben sie uns allen riesigen Spaß gemacht und unsere Klasse ist ganz heiß darauf, dies vielleicht in absehbarer Zeit zu wiederholen. Alle haben die Kletterprüfung bestanden und aus diesem Grund werden vermutlich auch unserer Sportnoten sehr gut ausfallen 🙃.