Haare spenden für Echthaarperücken

Ein Erfahrungsbericht von Ida Rühl, Klasse 11

Vor ungefähr vier Jahren bin ich darauf aufmerksam geworden, dass man seine Haare für Echthaarperücken spenden kann. Diese bekommen dann Menschen, die beispielsweise Krebs oder kreisrunden Haarausfall haben.

Die Reportage, die ich damals gesehen habe, legte ihren Fokus auf Echthaarperücken für krebskranke Kinder. Ihnen soll die Würde zurückgegeben werden, indem nicht jeder sofort sieht, dass sie aufgrund der Chemotherapie keine Haare mehr haben. So können sie sich zumindest ein bisschen wohler fühlen.  

In der Reportage hatte sich ein Junge lange Haare wachsen lassen, um eben krebskranken Kindern zu helfen. Dafür wurde er in der Schule gemobbt, doch ihm war das so wichtig, dass er sich durchgekämpft hat, bis seine Haare lang genug waren. Er hat sie sich dann abschneiden lassen und konnte insgesamt drei Zöpfe spenden. Seine Lieblings-Band ist damals darauf aufmerksam geworden und hat für ihn und seine Freunde ein Privatkonzert organisiert.  

Mich hat das damals wie heute sehr beeindruckt, dass er sich nicht hat unterkriegen lassen und für einen guten Zweck bis zum Ende durchgehalten hat. Ich wollte daraufhin auch unbedingt meine Haare spenden, jedoch waren meine kurzen Haare zu dem Zeitpunkt dabei, rauszuwachsen und da ich nie besonders lange Haare hatte, habe ich mich damals damit abgefunden, dass ich das sowieso nie mit meinen Haaren machen könnte. 

Beispielfoto (Quelle: www.pixabay.com)

Nachdem meine kurzen Haare mit der Zeit immer länger geworden waren, fand ich Gefallen an meinen Haaren, die für meine Verhältnisse recht lang waren. Dann kamen Corona und der erste Lockdown, alle Friseure hatten geschlossen und meine Haare wurden noch länger. Als die Friseure wieder öffnen durften, musste bei mir leider wieder ein Stück abgeschnitten werden, da sie an den Spitzen ziemlich kaputt waren. Doch sie wuchsen wieder.  

Im Juni 2021 gab es bei FFH einen Bericht zu zwei Geschwistern, die beide ihre Haare für Echthaarperücken gespendet hatten. Aufgrund dieses Artikels hatte ich erneut den Wunsch, meine Haare zu Spenden und erinnerte mich an 2018, wo das noch nicht ging. Jetzt hatte ich jedoch längere Haare als je zuvor und informierte mich genauer.

Man muss mindestens 25cm spenden, damit eine Perücke geknüpft werden kann. Also habe ich sofort meine Haare gemessen und festgestellt, dass mir gar nicht mehr so viel fehlt, was mich unfassbar glücklich machte. Hinzu kam, dass ich seit ich 12 Jahre alt bin, unbedingt einen „Undercut“ haben wollte, mich jedoch nie getraut habe und meine Eltern davon auch nicht besonders überzeugt waren.  

Der Gedanke ließ mich nicht mehr los, denn meine langen Haare, die ich lieben gelernt hatte, gingen mir mittlerweile immer mehr auf die Nerven und gerade im Sommer hatte ich nur Zöpfe, damit die Haare nicht im Nacken kleben. Auch drängte sich der Undercut immer mehr in den Vordergrund und meine Entscheidung stand so gut wie fest. Auch, dass wir eine neue Trainerin bekamen, die einen Undercut hatte, bestätigte mich in meiner Entscheidung, da ich sonst fast noch nie eine Frau gesehen hatte, die so eine Frisur hat. Ich ließ ein letztes Mal meine Spitzen schneiden, damit meine Haare gesund die ersehnte Länge erreichen konnten.  

Beispielfoto (Quelle: www.pixabay.com)

Am 4. September war es dann endlich soweit und ich hatte meinen langersehnten Friseurtermin. Ich muss zugeben, ich war noch nie so aufgeregt vor einem Friseurtermin wie an diesem Tag und ich hatte auch ein bisschen Angst davor. Als ich das letzte Mal kurze Haare hatte, waren meine Haare nicht so lange gewesen und das war schon eine krasse Umstellung, jetzt waren sie jedoch mehr als doppelt so lang und ich wollte runter bis auf drei Millimeter. Erstaunlicher Weise kam es dann jedoch ganz anders und die Umstellung war viel leichter, als damals.  

Die Friseurin hatte vermutlich damit gerechnet, dass ich nur die Spitzen schneiden lassen wolle, denn sie blickte mich erstaunt und erschrocken an, als ich ihr sagte, dass ich meine Haare spenden und einen Undercut haben möchte. Ich glaube, das kommt nicht ganz so häufig vor, denn sie war total aufgeregt und alle anwesenden Friseurinnen standen neben uns oder guckten kurz zu. Vermutlich war ich das Tageshighlight … 

Dadurch, dass ich sie bis auf drei Millimeter kurz haben wollte, konnte ich sogar 28 cm spenden, womit ich nie gerechnet hätte. Es war ein unbeschreiblich komisches Gefühl, den eigenen Zopf in den Händen zu halten, doch ich war glücklich. Am Anfang war ich für einen Moment regelrecht geschockt, wie kurz es dann doch geworden war, denn ich wollte mir mit dem Deckhaar eigentlich einen Dutt machen, jedoch reichte es nur gerade so für einen kleinen Zopf. Das war auch ein gewaltiger Schreck für meine Mutter, die sehr froh ist, dass sie jetzt lang genug für meinen gewünschten Dutt sind und ich sie auch offen tragen könnte. Mittlerweile haben sich meine Eltern auch damit arrangiert und mein Vater rasiert mir sogar regelmäßig die Seiten nach. Das Gute daran, dass es am Anfang so kurz war, ist, dass ich so noch mehr Haare spenden konnte. 

Ich hatte mir eine Organisation ausgesucht, wo man die Haare einschicken muss, da es in meiner Nähe keinen Friseur gab, der mit einer solchen zusammenarbeitet. Wir verpackten meinen Zopf also ordnungsgemäß und brachten ihn zur Post. In den folgenden Tagen hatte ich die ganze Zeit ein bisschen Angst, dass meine Haare nicht ankommen oder doch nicht genutzt werden können. Dann erreichte mich jedoch eine Bestätigungsmail, dass die Haare angekommen sind und nun verarbeitet werden. Da war ich dann doch sehr erleichtert. Auf der Website findet man unter vielen Fotos auch mein Vorher-Nachher-Foto.  

Jetzt – nach fast fünf Monaten mit meinem Undercut – kann ich mir gar nicht mehr vorstellen, wie es vorher war und bin vollends zufrieden. Am Anfang hatte ich Bedenken, dass es mir doch nicht gefällt, doch das ist nicht eingetroffen. 

Ich kann jedem nur empfehlen, seine Haare zu spenden, denn man tut etwas für einen guten Zweck und macht andere Menschen glücklich, die keine Haare mehr haben. Falls man sowieso überlegt, sich seine Haare kürzer zu schneiden, sollten die Haare nicht weggeschmissen werden, sondern man sollte sie einschicken. Denn man selbst kann damit nichts mehr anfangen und dann ist es doch eine viel bessere Alternative, damit einem Menschen zu helfen und ihn glücklich zu machen. 

Falls du jetzt Interesse daran hast, deine Haare zu spenden, kannst du ja mal auf der Website vorbeischauen:
https://www.haare-spenden.de/index.php#top.

Die einzigen Voraussetzungen sind, dass die Haare gesund und unbehandelt sind und natürlich muss die Mindestlänge von 25cm erfüllt sein.   

Quelle Titelbild: www.pixabay.com