Michael Antenbrink, Kandidat der SPD, im Interview mit der Schülerzeitung des GSG:
Was reizt Sie so an der Politik, vor allem an der Kommunalpolitik und warum kandidieren Sie für das Amt des Bürgermeisters in Flörsheim?
Michael Antenbrink ist bereits seit mehr als 45 Jahren in der SPD politisch tätig und seit 12 Jahren der Bürgermeister Flörsheims. Politisch interessiert sei er
schon immer gewesen und habe bereits als Schüler mit politischem Engagement begonnen. Ihm sei eine wiederholte Kandidatur auch nach dieser langen Zeit wichtig, da er unter anderem stolz darauf sei, was er geleistet habe und über die Jahre viele Erfahrungen habe sammeln können. In Zukunft wolle er weiterhin etwas bewegen und die Rente begeistere ihn bei weitem nicht so, wie die politische Arbeit.
Uns fällt auf, dass sich viele Jugendliche nicht mehr für Politik interessieren. Wie wollen Sie dies ändern und wo sehen Sie die politischen Partizipationsmöglichkeiten für uns Schüler*innen?
Antenbrink äußerte zunächst, dass er ganz im Gegenteil den Eindruck habe, dass das Interesse der Schüler*innen an der Politik gestiegen sei. Das Problem sei demnach nicht das fehlende Interesse der Jugendlichen, sondern die fehlende Bindung zu den Parteien.
Laut Antenbrink stehe die Politik in einem Wettbewerb mit einer Vielzahl anderer Angebote für Jugendliche und sei medial häufig negativen Darstellungen ausgeliefert. Eine Bindung sei also wichtig, da gerade nach dem Abitur die Gefahr bestehe, in ein „demografisches Loch“ zu fallen, welches das politische Engagement in den Hintergrund rücke. Dieses „demografische Loch“ ziehe allzu häufig mit einem Umzug, einem Studium, dem darauffolgenden Beruf und der Gründung einer Familie einher und untergrabe durch eine Interessensverschiebung das politische Interesse.
Lösungen seien für Antenbrink demnach eine Öffnung seitens der Parteien gegenüber den Schüler*innen in Form von Organisationsgründungen, aber auch das politische Engagement von Seiten der Schule.
Wäre für Sie das Wahlrecht mit 16 auf kommunaler Ebene vorstellbar?
Antenbrink beantwortete diese Frage mit einem ganz klaren „Ja“ und war ein Befürworter des Wahlrechts mit 16 auf kommunaler Ebene. Er habe selbst erlebt, dass Jugendliche den Wunsch verspüren, wählen zu gehen und für ihn sei die Befürwortung des Wahlrechts unumstritten.
Wir beobachten, dass der Individualverkehr in Flörsheim zunimmt und das Verkehrsaufkommen hoch ist. Wie könnte man die Verkehrssituation verbessern?
Auf diese Frage antwortete Antenbrink, dass ihm das hohe Verkehrsaufkommen und der Individualverkehr bekannt seien, und er verweist zunächst auf das Problem, dass der Verkehr durch den Ort unvermeidbar sei. „Menschen gehen dahin, wo die Infrastruktur angeboten wird und das sind […] unsere Ballungsräume“, antwortete er und erklärte, dass eine Stadt wie Flörsheim als Ballungsraum daher mehr Verkehr mit sich bringe. Damit sei auch der Individualverkehr unumgänglich, da das Bedürfnis danach noch immer sehr groß sei und man schließlich auch das Maximum an Komfort und Lebensqualität fordere.
Um die Verkehrssituation also zu verbessern, versicherte Antenbrink, dass man bereits an Verkehrswegen und vor allem an der Durchsetzung einer Umgehungsstraße in Weilbach arbeite. Neben normalen Verkehrswegen, wolle er aber besonders den Ausbau der Radwege und damit auch die Nutzung der „E-Bikes“ (Elektrofahrräder) mehr fördern. Antenbrink ist sich sicher, dass das Fahrrad in Zukunft noch an Bedeutung gewinnen werde, auch deshalb besitze Flörsheim beispielsweise die erste Fahrradstraße im gesamten Main-Taunus-Kreis.
Antenbrink möchte die Elektromobilität aber auch in Bezug auf Elektrofahrzeuge fördern, welche die Stadt Innerorts entlasten und Schadstoffbelastung und Lärm abwenden sollen.
Zum Thema ÖPNV erklärte er, dass man auch hier mehr machen müsse, dem Fahrkräftemangel entgegen wirken beispielweise, um mehr ÖPNV anbieten zu können.
Wir Schüler*innen haben meist kein eigenes Auto/Roller etc. und sind daher auf den ÖPNV angewiesen. Wenn wir allerdings nach Frankfurt fahren möchten (hin und zurück), zahlen wir knapp 10€. Dies können sich allerdings viele von uns nicht leisten, da wir meist kein Einkommen haben. Wie wollen Sie uns hier entlasten?
Antenbrink verwies bei dieser Frage zunächst darauf, dass es kaum möglich sei den gesamten ÖPNV kostenlos anzubieten. Jede angebotene Leistung müsse schließlich finanziert werden und das Geld müsse man schlussendlich immer von den Bürger*innen in Form von beispielsweise Steuern nehmen.
Auch betonte Antenbrink, dass es keine Lösung sei die Fahrkarten zu stark voneinander zu differenzieren und somit ein breites Spektrum an Einzeltickets zu kreieren, da auch hierbei der Aufwand für die Herstellung und Abrechnung zu hoch sei.
Stattdessen erklärte er, dass ein Lösungsansatz sein könne, niedrigere Preise im lokalen Verkehr anzubieten oder gänzlich auf den Fahrscheinkauf zu verzichten. Auch könne die S-Bahn beispielsweise lokal kostenlos fahren, trotzdem bliebe die Frage nach der Finanzierung auch hierbei weiterhin offen.
Anti-Semitismus, Fremdenfeindlichkeit und generell Hass flammen in unserer Gesellschaft wieder auf und nehmen auch vor Schulen keinen Halt. Sehen Sie hier die Politik und/oder Schulen in der Verantwortung oder sollte die „Wertevermittlung“ rein in der Familie geschehen? Was wollen Sie außerdem als Bürgermeister tun, um dem Hass entgegenzuwirken?
Auf diese Frage antwortete Antenbrink, dass er die Verantwortung bei der Schule, den Lehrern und den Eltern sehe, auch wenn die Familie bei der Wertevermittlung beispielsweise eine wichtige Rolle spiele. Jedoch sei die Familie in der Wertevermittlung immer stärker eingeschränkt und übertrage einen Teil der Pflicht an den Staat, da einige Kinder zum Teil schon sehr früh (mit einem Jahr etwa) in die Kita kommen würden. Antenbrink betrachtete also den Einfluss der Politiker auf die Schule als gefährlich und riet eher davon ab, denn die Schule solle ohnehin transparent für die Eltern sein.
Weitere Gefahren seien laut Antenbrink außerdem die Verhältnismäßigkeiten gegenüber Themen wie Hass oder Fremdenfeindlichkeit. Demnach werden allzu häufig aus Belanglosigkeiten Meinungen gemacht, obwohl das Leben in einer multikulturellen Gesellschaft für die meisten kaum ein Problem darstelle. Antenbrink betonte hierbei, dass man äußeren und spaltenden Kräften keine Aufmerksamkeit und keinen Raum geben dürfe und dass man sich nicht provozieren lassen solle. Man solle „Farbe bekennen“ und zu seiner Meinung stehen, denn die Integration laufe gut, das Miteinander im Alltag funktioniere und die multikulturelle Gesellschaft werde immer größer.
Es leben viele Geflüchtete in Flörsheim. Wie wollen Sie entstehende Parallelgesellschaften verhindern?
Antenbrink verwies bereits zu Beginn seiner Antwort darauf, dass er keine direkte Gefahr der Entstehung einer Parallelgesellschaft sehe. Für ihn sei das Bedürfnis, mit Gleichgesinnten zusammen zu sein eher „natürlich“ und „verständlich“, da es auch um den Erhalt kultureller Einflüsse gehe. Ähnliches gebe es beispielsweise auch in den USA, wo sich Deutsche zu Deutschen gesinnt hätten.
Integration sei demnach zwar ein Prozess von Generationen und erfordere Geduld, dennoch fangen die Probleme laut Antenbrink dann an, wenn Vorurteile zugelassen werden. Man dürfe sich also nicht abkapseln und andere in die Isolation drängen, sondern solle stattdessen aufgeschlossen sein und sich öffnen.
„Wir sind ein Staat, wo die Herkunft gar keine große Rolle mehr spielt.“, sagte Antenbrink außerdem und dass es ohnehin kein reines Deutschland, Frankreich oder Dänemark mehr gebe. Stattdessen sei Deutschland ein „europäisches Land“, in dem der Staat allerdings noch mehr tun müsse. Denn Integration bringe Vorteile, gerade die Integration jüngerer Generationen, um den ansteigenden Fachkräftemangel einzudämmen. Dennoch brauche man mehr staatliche Hilfe, nachdem ehrenamtliche Helfer*innen zu Beginn noch gut, mit der Zeit jedoch überfordert seien, obwohl die Flüchtlingshilfe in Flörsheim insgesamt gut organisiert sei, durch den Integrationsbeauftragten und die Stabstelle Asyl beispielsweise.
Für Antenbrink brauche es außerdem einen „adäquate Familiennachzug“ mit Regeln, um Probleme wie daraus resultierenden Wohnungsmangel bewältigen zu können. Dies gelinge durch den Bau neuer Wohnungen beispielsweise, auch in Hinblick auf die Anzahl der Sozialwohnungen, die sich mittlerweile halbiert habe.
Wie wollen Sie sich im Thema Fluglärm für Flörsheim einsetzten?
Antenbrink antwortete zunächst, dass zwar bereits viel Geld in den Rechtsstreit mit dem Flughafen geflossen sei, man jedoch auch Erfolge nachweisen könne. So habe man zum Beispiel bereits das Nachtflugverbot und die Dachklammern durchgesetzt und Antenbrink selbst kämpfe jetzt für eine rechtskräftige Lärmobergrenze. Denn mit leiser werdenden Flugzeugen müsse auch der Grenzwert sinken.
Ein großes Problem stelle jedoch weiterhin das mangelnde Verständnis und Interesse dar. Demnach stehen die Flörsheimer und auch die Bürger*innen umliegender, betroffener Städte als Minderheit einer sehr großen Anzahl Passagiere gegenüber. Denn ein Großteil der Deutschen – und auch der Betroffenen – sei nicht von Fluglärm betroffen und wolle nicht auf das Fliegen verzichten.
Auch auf Bundeseben herrsche demnach Unverständnis und wenig Interesse, auf Antenbrinks Nachfrage bei Bundestagesabgeordneten, habe es demnach nur drei Interessenten gegeben, die sich mit dem Thema haben beschäftigen wollen.
Wir möchten uns bei Herrn Antenbrink für die persönliche Beantwortung unserer Fragen bedanken und wünschen allen Kandidaten noch einen guten verbleibenden Wahlkampf!
Das Interview vorbereitet und durchgeführt haben Julia Faber, Helga Meier und Elma Junuzovic. Verfasst wurde es von Helga Meier.