Ein Märchen von Antonia Fritz, Klasse 5b
Es war einmal vor langer Zeit weit weg von hier, da lebte in einem kleinen Dorf eine kleine Familie. Zu dieser Familie gehörten ein netter Vater, eine liebe Mutter und zwei kleine Töchter. Die Schwestern glichen sich wie ein Ei dem anderen. Das war auch nicht verwunderlich, denn die beiden waren Zwillinge. So gleich sie im ersten Augenblick auch schienen, so unterschiedlich waren die zwei vom Charakter. Die eine war abenteuerlustig, mutig und etwas frech, die andere hingegen sehr gebildet und recht schüchtern.
Es gab sonst nur ein Ding, was die Schwestern voneinander unterschied. Denn, obwohl die eine immer das gleiche Röckchen, die gleichen Strümpfe und die gleichen Schühchen trug wie die andere, gab es etwas auf ihren Köpfchen, das die Mädchen voneinander unterschied. Es waren zwei niedliche Bändchen, von denen jedes Kinde eines im Haar trug. Die Bändchen hatten die Schwestern bekommen, als sie noch ganz klein waren. Es war ein Geschenk von ihrem Großmütterchen gewesen. Das Band der klugen Tochter war goldgelb wie Mais, das der mutigen war blau wie der Himmel. Diese Bänder banden sie sich immer brav ins Haar. Und weil die Zwillingsschwestern so an ihren Bändern hingen und weil sie so viel leichter zu unterscheiden waren, nannte man sie Blaubändchen und Goldbändchen. Diese Namen waren nicht sehr fantasievoll, doch etwas Besseres fiel damals niemandem ein.
Doch auch wenn es ihnen so gut ging, so geschah es von Zeit zu Zeit, dass Goldbändchen und Blaubändchen langweilig wurde. Und wenn dies der Fall war, so gingen sie und besuchten die Großmutter im Nachbarsdorf. Das taten sie an Tagen, an denen die Sonne hell am Himmel schien, die Bienen fröhlich summten und ihnen einfach keine lustige Beschäftigung in den Sinn kommen wollte. Von solch einem Tag will ich euch nun erzählen. An jenem Tag beschlossen sie wie schon so oft, ihre Großmutter zu besuchen. Und so machten sich Goldbändchen und Blaubändchen wieder einmal auf den Weg ins Nachbarsdorf. Der Weg war nicht weit. Sie mussten bloß durch ein Getreidefeld. Dort wuchsen wunderschöne Blumen zwischen den einzelnen Getreidestängeln. So pflückten sie immer die schönsten und banden daraus einen Strauß für ihre liebe Großmutter. Der Bauer, dem das Feld gehörte und dem die Mädchen schon lange missfielen, kam nun auf sie zu und rief erzürnt: „Verschwindet schnellstens von meinem Felde, ihr Gören!“ Da fingen die Kinder an zu kichern und liefen so schnell sie konnten den restlichen Weg zum Dorf, in dem die Großmutter wohnte. Doch nun will ich euch, bevor es weitergeht, von diesem Bauern erzählen. Er war sehr reich, denn er hatte fürstliche Verwandtschaft.
Nun war es so, dass im Dorf, in dem der Bauer wohnte, auch die Großmutter lebte. Dort fand jede Woche ein großer, prächtiger Wochenmarkt statt. Auf diesem Markt verkauften viele Dorfbewohner, die etwas zu verkaufen hatten, ihre Waren. Zum Beispiel verkaufte dort ein Angler aus dem Dorf seine gefangenen Fische. Der Handel auf diesem Markt war einzigartig, denn ein ehrlicherer und gerechterer Handel war nirgends auf der Welt zu finden. Jedenfalls war dies so, bis der reiche Bauer ins Dorf zog. Er verkaufte sein Getreide auf dem Markt, doch schon bald übermannte ihn der Neid. Der Neid auf die anderen Dorfbewohner und ihren Handel auf dem Wochenmarkt, auf welchem jeder einzelne tüchtig verdiente. Nun müsst ihr wissen, dass der Bauer nicht schlecht verdiente und es ihm an Talern nicht fehlte. Nein, solche Probleme bestanden gar nicht. Bloß die Habgier, diese riesengroße Habgier in ihm drin, ließ ihm diesen einen Gedanken durch den Kopf schießen. Der Gedanke war: „Hätte die Eierverkäuferin doch keine Hühner mehr, um ihre Eier zu bekommen, ja, da würde ich mir Hühner zulegen und diese auf dem Markte verkaufen. Später müsste sich diese Eierverkäuferin dann bei mir verdingen und meine Hühner versorgen. Dafür würde sie ein paar Taler verdienen, um ihre Familie zu ernähren. Sie hätte ja keine Wahl. Wie sollte sie sonst an die Münzen kommen, um ihren Lebensunterhalt zahlen zu können? Ich würde davon bloß profitieren, da ich durch den größeren Handel nur noch mehr Taler verdienen würde!“ Ja, so sollte es kommen, beschloss der Bauer. Erst grübelte er noch, wie er es anstellen sollte, dass die arme Frau keine Hühner mehr hätte. Irgendwann wusste er wie und ging zum Kräuterweib in den Wald. Als der Bauer in ihrer Hütte war, bat er um einen Zaubertrank, einen ganz besonderen. Er wollte Gift. Solche Dinge besaß das Kräuterweib nämlich, denn insgeheim war sie eine gemeine Hexe und sie tarnte sich bloß als Kräuterweib …
Fortsetzung folgt!
Dieses Märchen ist im Rahmen des Deutschunterrichts am Graf-Stauffenberg-Gymnasium Flörsheim entstanden. Gemeinsam mit ihrer Lehrerin Frau Schneider haben die Kinder die Merkmale von Märchen erarbeitet und dann selbst welche verfasst.