Unser Landrat nach elf Jahren Amtszeit im Interview

Ein Interview von Lukas Harper (Klasse 6c) mit unserem Landrat Michael Cyriax

Michael Cyriax ist seit dem 01. Oktober 2011 im Amt des Landrats hier im Main-Taunus-Kreis. Doch was macht ein Landrat den ganzen Tag? Was motiviert ihn an seiner Arbeit? Und wie findet er unsere Schule? Das und vieles mehr habe ich Michael Cyriax am 08. September in seinem Büro im Kreishaus gefragt. Viel Spaß beim Lesen! 

Stellen Sie sich bitte kurz vor.  

Mein Name ist Michael Cyriax. Ich bin Landrat des Main-Taunus-Kreises seit 2011. Zuvor war ich Schuldezernent hier im MTK. Und ganz davor war ich mal als Rechtsanwalt in einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft tätig. Ich habe Jura und Wirtschaftswissenschaften studiert. Bevor ich das Studium begann, habe ich eine Kaufmännische Ausbildung in einem großen Pharmazeutischen Unternehmen absolviert. 

Warum ausgerechnet Landrat? 

Also es gibt keinen schöneren Beruf auf der Welt als den des Landrats. Hier ist die Aufgabe für mich Berufung. Das Amt füllt mich aus. Ich kann viel gestalten und habe das Vergnügen auch mit dir über mein Leben und meine Vorhaben zu sprechen. 

Wie ist der Alltag als Landrat? 

Der ist sehr, sehr abwechslungsreich. Ich bin einerseits Behördenchef von 1400 Mitarbeitern. Wir haben viele interne, aber auch Besprechungen mit externen Partnern. Wir müssen für die Menschen da sein mit unserer Verwaltung, was z.B. die Sozialleistungen anbelangt. Aber auch als du eingeschult wurdest, gab es eine Schuleingangsuntersuchung – Das machen wir auch hier im Haus. Es ist also ein ganz breites Spektrum und es erfüllt mich ein Stück mit Stolz, aber auch Dankbarkeit, dass ich hier Teil dieses großen Teams sein und für die Menschen im Main-Taunus-Kreis da sein kann. 

Beispielfoto (Quelle: www.pixabay.com)

Haben Landräte echte Entscheidungs- und Gestaltungsmöglichkeiten? 

Das würde ich schon sagen. Also in der Hauptsache haben wir erstmal Gesetze umzusetzen. Wie wir die umsetzen, ist dann ein gewisser Ermessensspielraum oder wie man so schön sagt Gestaltungsspielraum. Wir können hier vieles gestalten im Rahmen unserer Selbstverwaltung. Beispielsweise wo wir Schulen bauen und wie wir Schulen bauen. Das ist uns hier alles in die Gestaltungshoheit gelegt.  

Gibt es ein „Parlament“ für den Main-Taunus-Kreis? 

Ja, das gibt es – es ist der Kreistag. Dort sind vom Volk gewählte Kreistagsabgeordnete, die die Grundzüge unseres Handelns als Verwaltung festlegen, neben den Gesetzen, die es so gibt. Neben dem Kreistag gibt es den Kreisausschuss und das ist ein Kollegialorgan. Soll heißen, da sitze ich mit Kollegen drin, um die Verwaltung zu führen und zu steuern und im Rahmen der Gesetze dem vom Kreistag zur Verfügung gestellten Budgets/Geldes die Dinge hier anzugehen und umzusetzen. 

Beispielfoto (Quelle: www.pixabay.com)

Was tun Sie, um die Demokratie zu fördern? 

Ich werbe dafür, dass möglichst viele Menschen, auch schon in deinem Alter, sich einbringen, sich informieren, sich interessieren für die Dinge, die ihr Leben bestimmen. Vor Ort ist das ja ganz anschaulich, wo es Möglichkeiten gibt, sich in der Freizeit als junger Mensch mit Spiel, Sport und Spaß ein Stück in der Freizeit betätigen. Das wird vor Ort entschieden.  

Wir haben alle Bürger im Main-Taunus-Kreis in den letzten Jahren gefragt, welche Ideen und welche Zukunftsvorstellungen sie für unser Gemeinwesen bis zum Jahr 2030 haben. Wir haben das MTK 2030 genannt. Wir haben kürzlich die Bevölkerung eingeladen, mit uns zu diskutieren, wie wir Klimaschutz und Klimafolgenanpassung im Main-Taunus-Kreis in Zukunft gestalten können. Also ich setze darauf, dass das große Wissen und Bereitschaft mitzutun unserer Mitbürger, was ein ganz großer Faktor ist, um unser Gemeinwesen erstens zusammenzuhalten, aber auch weiterzuentwickeln. Das ist für mich Bürgerzusammenhalt und gelebte Demokratie. 

Was war Ihr bisher schönster bzw. schlimmster Moment als Landrat? 

Ich kann mich eigentlich nur an viele, viele schöne Momente erinnern. Das was nicht so gut gelaufen ist, verdrängt man wahrscheinlich schnell. Das immer wieder Schönste ist, Menschen helfen zu können, sie glücklich zu sehen. 

Wie werden Landräte gewählt? 

Die werden direkt vom Volk gewählt. Wahlberechtigt sind alle ab 18. Ab da darfst du den Landrat wählen. 

Wurden Sie schon einmal (politisch) angefeindet und wie gehen Sie damit um? 

Das gehört irgendwie zum Beruf und zum öffentlichen Amt. In einer Demokratie geht es ja darum, um beste Lösungen zu ringen und auch zu diskutieren. Leider gibt es auch Zeitgenossen, die das nicht immer mit einer fairen Auseinandersetzung verbinden. Im Großen Ganzen hält sich das aber im Rahmen und ich weiß das auch so einzuschätzen, dass manchmal Emotionen mit Menschen durchgehen. 

Beispielfoto (Quelle: www.pixabay.com)

 Was motiviert Sie? 

Die Welt im Kleinen jeden Tag ein Stückchen besser zumachen. 

Haben Sie (politische) Vorbilder? 

Mich faszinieren, wobei ich es nicht Vorbild nennen würde, Menschen, die für ihre Überzeugung einstehen, und auch wenn es mal Gegenwind gibt, bei ihrer Meinung bleiben, wenn sie davon überzeugt sind. 

Glauben Sie, dass sich der Main-Taunus-Kreis verbessert hat, seit Sie im Amt sind? 

Das mit dem Verbessern ist eine Frage der Perspektive, wie vieles eine Frage der Perspektive ist. Und wenn du mal deine Schule nimmst, wir haben viele solcher Schulbauten zwischenzeitlich errichtet und ich glaube schon, dass wir da viel für die Schüler, bzw. die junge Generation gemacht haben. Ja, ich würde sagen, wir haben uns gemeinsam angestrengt und es ist auch in den letzten Jahren viel erreicht worden. 

Haben Sie noch etwas mit dem Main-Taunus-Kreis vor? 

Ja, selbstverständlich! (grinst) 

Und was wäre das? 

Wir wollen weiter deine Generation und alle, die danach kommen, in die Lage versetzen, auf einem spannenden Arbeitsmarkt so gut ausgebildet zu sein, dass man seinen Weg findet. Wir wollen als Gesellschaft zusammenstehen und zusammenbleiben. Deswegen haben wir auch das Schlagwort: „Miteinander ein Kreis“ geprägt. Ich mache mir so ein bisschen Gedanken, wie die nächsten Wochen, Monate, Jahre aussehen werden. Wir haben eine Vielzahl von Krisen, wo Menschen belastet sind und an der ein oder anderen Stelle Geld fehlt. Das wird zu Spannungen führen. Da ist es ganz wichtig, dass wir aufeinander achtgeben und zusammenhalten. 

Beispielfoto (Quelle: www.pixabay.com)

Was tun Sie gegen die Umweltverschmutzung und den Klimawandel? 

Naja, als Einzelner kann man immer auch einen klitzekleinen Beitrag leisten. In unserer politischen Verantwortung ist es so, dass wir regionale Produkte von Landwirten fördern und auch die Menschen dazu auffordern, dass sie hier erworben werden. Es ist sehr klimaschonend regionale Produkte zu kaufen und zu essen und auch zu genießen.  

Wir produzieren selber regenerative Energien, die auch weiter ausgebaut werden. Wir machen uns Gedanken bei Starkregen- und Dürreperioden, wie wir Wasser speichern, damit es nicht zu Überschwemmungen kommt oder wenn  Wasser fehlt, wie wir darauf zurückgreifen können. Neben dem Kreishaus wird ein Erweiterungsbau errichtet und die Dachfläche ist so konstruiert, dass sich dort Wasser stauen kann, dass überflüssiges Wasser genutzt wird für die Brauchwasserbereiche. Und wenn jeder Bürger mithilft, kann jeder etwas für die Umwelt tun. 

Beispielfoto (Quelle: www.pixabay.com)

Erklären Sie bitte nochmal kurz den Bau neben dem Kreishaus und inwiefern Sie der Umwelt zurückgegeben haben, was Sie ihr weggenommen haben. 

Also wir haben der Natur strenggenommen gar nichts genommen. Oder ich fange erstmal andersherum an: In den letzten Jahren ist die Zahl der Beschäftigten im Main-Taunus-Kreis stark gestiegen. Auch dieses große Gebäude hat nicht mehr für alle Platz geboten. Deswegen haben wir einen Containerbau hier nebenan auf der Wiese, der zukünftig wegfallen soll. Und wir haben Außenstellen, wo auch hundert und mehr Mitarbeiter tätig sind. Diese Außenstellen und den  Containerbau wollen wir aufgeben. Dazu brauchen wir aber Ersatzfläche. Diese Büro- und Tiefgaragenplätze werden hier auf dem Areal neu geschaffen.  

Dazu haben wir die, auch mir ans herzgewachsene, Teichlandschaft leider entfernen müssen. Ich habe sie auch gerne genossen, weil das ein schöner Anblick war. Andererseits muss man aber sagen, dass das ökologisch keine wertvolle Fläche war: Der Teich basierte auf einer Betonwanne und in dieser Betonwanne hat sich Wasser gesammelt, dass sogar belastet war mit Kupfer und anderen Schwermetallen. Das musste sogar als Sondermülldeponie entsorgt werden. Und wir versuchen mit dem Neubau gleichwohl ökologische Funktionen zu verbinden, Regenwasser speichern, grün auf das Dach zu bringen. Nicht nur, dass wir einen schönen Anblick haben, sondern grün kühlt auch Temperaturen. Und das wird, glaube ich, etwas sein, was Vorzeigecharakter hat und wir sprechen von einer bebauten Landschaft – es wird auch in ökologischen Punkten ein Vorzeigeprojekt. 

Was tun Sie gegen den Wohnungsmangel? 

Also was heißt Wohnungsmangel? – Wir sind der zweitdichtbesiedelste und flächenmäßig kleinste Landkreis Deutschlands! Das will heißen mit unserer Fläche, du hast mich gerade zur Ökologie befragt, ist schon ziemlich viel passiert. Die ist schon ziemlich zugebaut. Und Landwirte/Naturschützer sind sich einig: „Es reicht! Wir wollen nicht, dass noch weiter gebaut wird.“ Aus ökologischen Gesichtspunkten kann ich die Position verstehen. Gleichwohl, und da bin ich bei dir, gibt es einen Druck auf unsere Region, dass wir hier von Zuzug sprechen und die Leute suchen Wohnungen.  Wir müssen, denke ich, ganz klar sagen, dass nicht jeder, der bei uns wohnen möchte, hier auch Wohnungen finden kann. Weil dann werden wir unseren Main-Taunus-Kreis nicht wiedererkennen. Dann ist alles zubetoniert. Das will ich nicht, das wollen die Allerwenigsten. Gleichwohl muss ein Stück weit was gemacht werden – gar keine Frage. Ich bin da in Gesprächen mit den Bürgermeistern, damit jeder in seinem Bereich Verantwortung übernimmt. 

Lukas Harper interviewt Michael Cyriax (Foto: Dennis Schnee)

Inwiefern unterstützen Sie/der MTK ehrenamtliche Einrichtungen (Feuerwehr, DRK, etc.)? 

Naja, zum einen bin ich da privat selbst in vielen gemeinnützigen Einrichtungen, auch bei der Feuerwehr, passives förderndes Mitglied, und zum anderen sind die Einrichtungen für uns als Kreis ganz wichtige Korporationspartner. Ohne dieses ehrenamtliche Engagement in den Feuerwehren und in den Hilfsorganisationen, würde Katastrophenschutz und Brandschutz im Main-Taunus-Kreis nicht funktionieren. Deswegen pflegen und fördern wir alle, die in diesen Organisationen tätig sind. 

Was gefällt Ihnen am Graf-Stauffenberg-Gymnasium? 

Jede Menge: Also zum einen, dass es so aufgeweckte Schüler wie dich gibt. Wenn ich zu den Konzerten komme, bin ich immer wieder angetan, welche Begeisterung für Musik ihr in den unterschiedlichen Orchestern oder der Big Band verbreitet. Ich freue mich, dass es ein tolles Schulklima, ein großes Zusammengehörigkeitsgefühl gibt. Ihr habt eine tolle Lehrerschaft, eine tolle Schulleitung und mein Eindruck ist, dass das Graf-Stauffenberg-Gymnasium eine ganz besondere Schule ist, wo alle entweder gerne als Schüler hingehen oder gerne als Lehrer arbeiten. 

Wie fühlt man sich nach elf Jahren im Amt? 

Entspannt, aber auch in Erwartung, was der Winter und die nächste Zeit so bringt. 

Haben Sie schon mal eine falsche Entscheidung getroffen und bereuen diese? 

Bestimmt habe ich auch falsche Entscheidungen getroffen. Weißt du, das ist ja so, Entscheidungen müssen auf einer bestimmten Basis getroffen werden, die sich im Nachhinein auch verändern kann. Also auch Fakten und Sachverhalte können sich ändern und dann kann auch mal feststellen, dass etwas nicht gut, nicht richtig oder vernünftig war – Das gibt es, aber keiner ist davor bewahrt, auch Fehler zu machen. Ich glaube, dass es etwas Falsches ist zu glauben, dass man keine Fehler macht. Weder in der Schule bei Schülern, noch bei Entscheidungsträgern. Man sollte dazu stehen, Fehler zugeben. Ich müsste jetzt in meinem Gedächtnis kramen und nach bestimmten Fehlern suchen, aber ja auch ich mache Fehler und stehe dazu. Das gehört zum Mensch sein und zum Arbeiten mit dazu.  

Beispielfoto (Quelle: www.pixabay.com)

Möchten Sie noch etwas sagen? 

Ich wünsche euch und eurer Schülerzeitung noch viel Erfolg und neugierige Leser. Und vielleicht wird aus dir ja mal ein Zeitungsjournalist oder ein Fernsehmoderator und dann freue ich mich, dich in den Hauptnachrichten in fünfzehn Jahren zu sehen. Alles Gute! 

Danke für das Interview! 

Sehr gerne! 

Lukas Harper und Michael Cyriax (Foto: Dennis Schnee)

Zum Abschluss hat sich Herr Cyriax für mich Zeit genommen und mich durch das komplette Kreishaus geführt. Ich durfte in den Sitzungssaal des Kreistags, in dem jeden Montag eine öffentliche Sitzung der Politiker des Main-Taunus-Kreises stattfindet. Ich war in der Cafeteria, wo sich Herr Cyriax zusammen mit seinen Kollegen mittags eine warme Mahlzeit abholen kann. Und ich war an der Zentrale der Nummer 115, bei der man bundesweit anrufen kann, um sich Auskunft in über verschiedene Kreis- oder Stadtinterne Veranstaltungen zu holen. 

Alles in allem war es ein sehr gelungener Tag, an dem ich viel Neues über Michael Cyriax und den Main-Taunus-Kreis gelernt habe.