Ein Rückblick auf über zwei Jahre Schule in Coronazeiten

 Positive Effekte, aber kein dauerhafter Ersatz

Ein Kommentar von Anna Fürstenfelder (Klasse 12), März 2022 

Am 31. Dezember 2019 begann die Corona-Pandemie mit dem ersten Fall des neuartigen Virus in Wuhan. Kurze Zeit später wurden die Schulen in Deutschland mehrmals geschlossen – egal ob Grundschule oder Oberstufe. Alle befanden sich in einem Lockdown und bis heute ist das Virus Teil unseres Alltags. Auch wir Schüler tragen bis heute überwiegend Masken im Unterricht und arbeiten dabei digitaler als zuvor. Zeit, einen Rückblick zu wagen. 

Was hat uns der Onlineunterricht an den deutschen Schulen gebracht? Überwiegt der Aufschwung der Digitalisierung oder doch eher der Verlust der persönlichen Kontakte?  

Die ersten Wochen im Onlineunterricht stellten eine immens große Herausforderung sowohl für Schüler und Lehrkräfte als auch für Eltern in sämtlichen Bereichen des Lebens dar.  

Über die Auswüchse und Auswirkungen wurde schon viel diskutiert: „Homeschooling hat seine Grenzen“ (Andreas Austilat, Susanne Vieth-Entus: „Möchte meine Mutter mit meinem Abitur nicht umbringen“ – Abschlussprüfungen in Berlin beginnen, in: Der Tagesspiegel, 20.04.2020, Aufruf: 22.02.2021) heißt es in dem einen einschlägigen Artikel. In einem anderen ist die Rede vom „Bombardement an Arbeitsaufträgen“ (Thomas Vitzthum im Gespräch mit Lehrerverbandschef Meidinger: „Ein Viertel aller Schüler wurde in den vergangenen Wochen abgehängt“, in: Welt, 13.04.2020, Aufruf: 22.02.2021). Tatsächlich muss man jene schwierige Anfangsphase zu Beginn ganz besonders berücksichtigen, da diese von mangelnder Kommunikation geprägt war. Lehrer konnten sich schlichtweg nicht mehr direkt über den Arbeitsaufwand der Schüler informieren, und die Schüler hatten nicht die Möglichkeit, direktes Feedback zu geben. 

Beispielfoto (www.pixabay.com)

Abgesehen von den anfänglichen „Startschwierigkeiten“ hat das Homeschooling aber eine regelrechte „Euphorie in Sachen digitales Lernen ausgelöst“ (Erich Aschwanden: Schwächere Schüler dürfen nicht unter dem Schulstopp leiden, in: Neue Züricher Zeitung, 21.03.2020, Aufruf: 22.02.2021), so auch eine weitere journalistische Position. Was lange in den Schulen an Schubkraft im Sinne der Digitalisierung gefehlt hatte, musste nun umgesetzt werden, da keine andere Möglichkeit der Kommunikation für Lernende und Lehrende bestand. Deshalb hat die digitale Schule nicht nur in der Zeit des Lockdowns, sondern auch danach große Vorteile, da auch außerhalb der Schulzeit wichtige Fragen geklärt werden können und Materialien immer online zur Verfügung stehen. 

Allerdings ist hervorzuheben, dass die Schere zwischen leistungsstarken und leistungsschwachen Schülern immer größer wird. Zu begründen ist dies vor allem mit dem ungleichen familiären Umfeld. Manche Eltern können ihre Kinder mehr unterstützen als andere. Dies ist vor allem bei Familien mit Migrationshintergrund oder bildungsfernen Familien negativ zu beobachten. Die Schüler, die bereits vor der Pandemie zu den weniger guten gehörten, bekommen im Homeschooling gegebenenfalls noch weniger Unterstützung. Es sind aber auch den Lehrern die Hände gebunden, weil die Schüler grundsätzlich auf Distanz schlechter zu erreichen sind und die persönlichen Gespräche fehlen.  

Positiv haben sich allerdings die Lernmethoden hinsichtlich mehr Vielfalt entwickelt. Im Präsenzunterricht sind Möglichkeiten des Lehrens zu Stande gekommen, die man sich vorher erwünscht hatte. Viele Schüler, vor allem in der Oberstufe, schreiben digital den Unterricht mit. Auch in unserer Schule arbeiten viele mit IPad oder Tablet, wodurch weniger Kopien von beispielsweise Arbeitsblättern benötigt werden. Dies bedeutet eine Entwicklung zu Gunsten der Umwelt, wenn die Geräte lange genug in Gebrauch sind. Zusätzlich kann man Ängste von Schülern bezüglich eigenen Vorerkrankungen und von deren Eltern besser berücksichtigen. Von einer solchen Angst eines Schülers berichtet auch ein Lehrer eines Berliner Gymnasiums. Sein Schüler, welcher sich im Abiturjahrgang befindet, bekundet: „Meine Mutter hat entzündliches Rheuma und gehört zur Risikogruppe. Natürlich würde ich meinen Schnitt auch gerne mit guten Prüfungen vielleicht verbessern, aber ich möchte sie mit meinem Abitur nicht umbringen“ (Andreas Austilat, Susanne Vieth-Entus: „Möchte meine Mutter mit meinem Abitur nicht umbringen“- Abschlussprüfungen in Berlin beginnen, in: Der Tagesspiegel, 20.04.2020, Aufruf: 22.02.2021). Solchen Schicksalen kann mittlerweile im Alltag Rechnung getragen werden, da es für Schüler nun möglich ist, online zum Unterricht zugeschaltet zu werden. 

Beispielfoto (www.pixabay.com)

Allerdings ist dies kein dauerhafter Ersatz von Präsenzunterricht, weil – wie bereits erwähnt – auch Prüfungen geschrieben werden müssen. Zusätzlich mangelt es an persönlichem Kontakt und gerade in solchen Situationen an Beistand.  Zudem muss zwischen den Schulformen bezüglich der Ausstattung mit digitalen Medien und dem Maß an Kontakt zwischen Schülern und Lehrern unterschieden werden. Es wird zum Beispiel in der Statistik des Deutschen Schulportals deutlich, dass die Digitalisierung in Coronazeiten nicht in allen Schulformen gleichermaßen angekommen ist und weitergeholfen hat. Es finden nur 17% der Lehrkräfte in Grundschulen, dass diese gut bis sehr gut mit digitalen Medien bestückt sind. Darunter leidet auch der Kontakt mit und unter den Schülern, wobei dieser gerade in der Grundschule besonders wichtig für die soziale Entwicklung von Kindern ist. Erschreckend ist daher leider auch, dass der Anteil der Lehrkräfte, welche mit allen Schülern in Kontakt stehen, in der Grundschule genauso hoch ist, wie der Anteil derer, die mit sehr wenigen Schülern Kontakt haben. 

Man kann also mit klarer Sicherheit sagen, dass soziale Kontakte, persönliche Kommunikation und Individualität in einer Gruppe deutlich über dem Wert der Digitalisierung stehen. Zwar hat diese einige Anfangserfolge durch die Pandemie erzielt, aber man darf die deutliche Anzahl an Schülern, die dieses System an „Bildungsverlierern“ (Thomas Vitzthum im Gespräch mit Lehrerverbandschef Meidinger: „Ein Viertel aller Schüler wurde in den vergangenen Wochen abgehängt“, in: Welt, 13.04.2020, Aufruf: 22.02.2021, Z.55) produziert hat, nicht unterschätzen. Wir alle hätten noch ein Jahr länger auf Papier schreiben können, auch wenn wir es uns jetzt vielleicht nicht mehr zurückwünschen, jedoch sind bei einigen Schüler große Lücken im Lernstoff entstanden und die Motivation ist verlorenen gegangen. Dies wird ihre Zukunft maßgeblich beeinflussen. Man kann also sagen, dass die Digitalisierung während der Corona-Pandemie ein positiver Aspekt war, der vermutlich ein bisschen hilft, über die allgemeinen Konsequenzen hinwegzusehen. Dieser positive Effekt darf aber keinesfalls mit der Bedeutung einer realen und persönlichen zwischenmenschlichen Beziehung gleichgestellt werden. 


Dieser Beitrag ist ein Ergebnis aus dem Deutschunterricht der Jahrgangsstufe 12. Das Thema lautet “Materialgestütztes Schreiben”.

Quelle Titelbild: www.pixabay.com