Ein Erlebnisbericht und ein Dank von Lydia Steinke und Noah Reichel, stellvertretend für den Abi-Jahrgang 2020 des GSG
Corona hat unser aller Leben weitreichend verändert, so auch unser Abitur. Von jetzt auf gleich hieß es „Haus ohne Party“ und „Abi ohne Ball“. Der wohl wichtigste Abschnitt unseres bisherigen Lebens wurde uns aus den Händen gerissen, zerkleinert und verformt, bis nichts mehr übrig blieb, bis auf den Kern: die Prüfungen.
Schon am Tag bevor wir in Quarantäne kamen, wurde in den Nachrichten darüber berichtet, dass die hessischen Abiturienten von fort an die Schulen nicht mehr betreten dürfen, damit die Abiturprüfungen unter allen Umständen stattfinden könnten. Zu diesem Zeitpunkt gab es natürlich noch keine offizielle Bestätigung der Schule selbst. Im weiteren Verlauf des Abends wurden wir schließlich darüber informiert, dass es am nächsten Tag eine Infoveranstaltung mit Frau Hauter geben würde, wo wir über den weiteren Verlauf der nächsten Wochen informiert werden sollten. Mit Partymusik und lustiger Kleidung waren in den Jahren zuvor angehende Abiturienten in die Schule gekommen – wir kamen hingegen, ohne zu wissen, dass dies unser letzter Schultag sein sollte. Der Tag wurde noch konfuser, als um circa 15:00 Uhr eine Kettennachricht auf WhatsApp verbreitet wurde, in der behauptet wurde, dass alle Abiturprüfungen auf einen Zeitraum nach den Osterferien verschoben werden würden. Für uns bedeutete diese Nachricht konkret eine Achterbahn der Gefühle: auf der einen Seite Erleichterung, dass man noch etwas mehr Zeit hat, sich auf die Prüfungen vorzubereiten, und auf der anderen Seite der Wunsch, den Stress und die Nervosität endlich hinter sich zu lassen und mit diesem Abschnitt abzuschließen.
In einer Pressekonferenz um 17:00 Uhr wurde dann schließlich bekannt gegeben, dass die Abiturprüfungen trotz Corona im geplanten Zeitraum stattfinden finden sollten. Für viele ist eine Welt zusammengebrochen, da der normale Abi-Stress kombiniert wurde mit einem ständigen Hin und Her und auch die schriftlichen Abi-Prüfungen vor der Tür standen. In den Tagen nach dem 13. März gab es viele Medienberichte, die den Kurs der Landesregierung – die Abiturprüfungen in den Zeiten einer globalen Pandemie stattfinden zu lassen – kritisierten. Zudem hatten einige Bundesländer die Abiturprüfungen bereits auf einen späteren Zeitraum verschoben, was den Druck auf die hessische Regierung weiter erhöhte. Wenige Tage vor der ersten Abiturprüfung am 19.03 stand also für keinen von uns verlässlich bzw. überzeugend fest, ob die Prüfungen wirklich stattfinden würden.
Am 17.03. starteten einige hessische Abiturienten eine Petition, um den Beginn der Abiturprüfungen zu verhindern. Diese Petition erreichte in kürzester Zeit mehr als 5000 Unterschriften, obwohl die Meinung in der Schülerschaft weiterhin gespalten war. Als Reaktion darauf äußerte das Kultusministerium in einem Statement, dass im Laufe des 18.03, also einen Tag vor der ersten Prüfung, entschieden werden solle, ob diese denn nun tatsächlich stattfinden sollten.
Erneut saßen 20.000 Abiturienten vor den Bildschirmen, um zu erfahren, was jetzt wirklich Sache ist. Das Schlimme war, dass der liebe Volker nie die Zeiten für seine Pressekonferenzen einhält und wir für mindestens 20 Min. uns einen Bericht darüber anhören mussten, wie Hortensien aus europäischer Zucht infolge der wärmeren Winter immer öfters beschädigt werden.
Da dann aber endgültig der Beschluss stand, dass Abi schreiben zu lassen – ein zweites Mal – konnte das schriftliche Abi beginnen. Erstaunlicherweise und entgegen vieler Annahmen war das schriftliche Abitur ein Lichtblick an Normalität in dieser verrückten Zeit. Geradezu wie in einer Seifenblase verliefen unsere Prüfungen – abgeschirmt von der restlichen Welt. Verschärft von den damals noch ungewohnten Abstandsregelungen. Dreimal saßen wir in unseren alten Klassen- und Kursräumen und legten unsere bis dato wichtigsten Prüfungen ab.
Und dann hieß es warten. Fast zwei Monate dauerte es, bis die Ergebnisse der schriftlichen Prüfungen feststanden und wir auch schon in den mündlichen Prüfungen saßen. Noch sehr präsent sind die Erinnerungen, wie seltsam es war, wieder in die Schule zu kommen – diesmal mit Maske – und die Schule so „ausgestorben“ vorzufinden.
Aber auch die mündlichen Prüfungen ließ der „Corona-Jahrgang“ – wie man uns nun nennt – hinter sich und so schlossen wir mit dem größten Teil unserer Kindheit und Jugend ab – ob mit Freude oder auch Trauer.
An dieser Stelle ist es uns wichtig, die fundamentale Rolle unserer Studienleiterin Frau Hauter hervorzuheben, die Person, welche im Hintergrund alle Fäden zog und alles daransetzte, dass wir Abiturienten unser Abi so normal und sicher wie möglich schreiben konnten. Sie hielt den ganzen Laden am Laufen – wie man so schön sagt -, indem sie die Prüfungen organisierte, uns kreative Plakate zu den Hygienemaßnahmen zeichnete und allen immer ein aufmunterndes Lächeln schenkte. Deshalb können wir uns nicht genug bei Frau Hauter bedanken.
Liebe Frau Hauter, Sie haben so viel Arbeit in uns gesteckt und haben geholfen, wo es ging. Vielen, vielen Dank dafür! Da wird Ihnen ein einzelner Artikel in der Schülerzeitung längst nicht gerecht!
Liebe Schulgemeinschaft, wir alle haben uns den Abschied wohlweislich anders vorgestellt und hätten gerne eine Mottowoche oder auch die Abi-Streiche mit Euch allen zelebriert. Dies ist jedoch in diesem Jahr natürlich nicht möglich und deswegen verabschieden wir uns auf diese Weise. Wir bedanken uns bei allen Lehrer_innen und Schüler_innen, die uns zu den Menschen gemacht haben, die wir heute sind. Gewiss werden wir all jene nie vergessen.
Euer Abi-Jahrgang 2020
Fotos & Illustrationen: pixabay.com, eigene Aufnahmen