Venezuela und der Corona-Virus
ein Dossier von Jasmin Babikir, E-Phase
Januar 2020 – Der Corona-Virus bricht aus, zwei Monate später bricht die Krise auch verstärkt bei uns, in Europa aus. Beispiele, wie Italien, beginnen uns Angst zu machen: Hamsterkäufe, Ausgangssperren, überlastete Krankenhäuser. Die Situation scheint sich nicht besonders zu bessern, aber wie sieht es eigentlich in wirtschaftlich schwachen Ländern aus? Ohne ausgebaute Infrastruktur, eventuell auch ohne uneingeschränkt funktionierenden Strom oder Wasser? Ländern, wie zum Beispiel Venezuela. Wie sollen Länder, die es auch so schon schwer genug haben, mit einer Pandemie umgehen?
Doch wie kam es überhaupt zu dieser schwierigen Lage in Venezuela?
Venezuela – ein Land im Süden Amerikas, mit 32 Millionen Einwohnern, und vor allem das Land mit den meisten nachgewiesenen Erdölressourcen. Venezuela war dadurch für eine lange Zeit ein relativ wohlhabendes Land, knapp 90% aller Einnahmen entstanden durch die Exporte des Öls. Doch mit der Zeit änderte sich der Status des Landes durch den von 1999 bis 2013 herrschenden Staatspräsident Hugo Chavez. Die Öleinnahmen investierte er grundlegend in das Militär, das ihm half mit seiner Stärke zu regieren. Aber er half auch der unteren Schicht der Venezolaner, indem er diese unterstütze und somit auch Sympathie als ,,ein Mann aus dem Volk, für das Volk“ erlangte. Doch Chavez investierte nicht in andere Dinge im Land, wie Innovationen etc., um das Land zusätzlich wirtschaftlich zu stärken. Nach seinem Tod sorgte genau diese Schwachstelle jetzt für die heutigen wirtschaftlichen Probleme und sein Nachfolger Maduro musste dann mit diesen umgehen. Die Bevölkerung verarmt, denn durch die alten Firmen kann weniger Öl gefördert werden; zusätzlich sinkt der Ölpreis und somit sind die Einnahmen Venezuelas nur noch eingeschränkt gegeben. Zudem besteht es eine enorme Inflationsrate und es fehlt an Nahrung.
Zusätzlich gibt es aufkommende politische Unruhen, als Maduro bei den Wahlen 2018 wiedergewählt wurde, kamen Zweifel am Wahlergebnis auf und der Vorsitzende der Opposition, Juan Guaido, entschied im Januar 2019 Maduro abzusetzen, die Wahlergebnisse nicht anzuerkennen und ernannte sich selbst zum Übergangspräsidenten. So herrscht seitdem ein Machtkampf zwischen dem gewählten und dem selbst ernannten Präsidenten. Aber auch andere Staaten sind in diesem Konflikt miteingebunden, so leidet das Land beispielsweise finanziell stark unter den von Trump 2017 erhobenen und 2019 verstärkten Sanktionen, denn Trump sah Probleme in Maduros Regierungsweise und so erkannte er Guaido als Präsidenten an, und mit der Verweigerung des Kaufes von Öl aus Venezuela will er auf Maduro Druck ausüben, damit dieser zurückzutritt. Wie legal das völkerrechtlich ist, darüber lässt sich streiten. Die Sanktionen und die Verweigerung des Öl Kaufes wirken sich negativ auf die Bevölkerung aus: die Armut steigt, Strom gibt es nur selten und Wasserknappheit ist auch nichts Neues mehr.
Teuer und ineffizient – das Gesundheitssystem in Venezuela
Durch die Verarmung des Staates wird kaum mehr Geld in Krankenhäuser investiert, es fehlt an grundlegenden Mitteln, wie Desinfektionsmittel, Medikamente, Handtücher. Um behandelt zu werden, müssen mache Venezolaner teilweise selbst das Material mitbringen. Während es auf den üblichen Stationen schon eine schlechte Versorgung herrscht, ist die Intensivstation ein Alptraum für alle, die dringend medizinische Hilfe brauchen: es gibt nur Betten und keine Beatmungsgeräte. Wenn es Medikamente gibt, dann werden diese für alle möglichen und teilweise auch unpassenden Krankheiten genutzt, nur um den Menschen ihre Schmerzen irgendwie nehmen zu können. Da es in den Krankenhäusern ebenfalls kein fließendes Wasser oder Strom gibt, müssen die medizinischen Hilfskräfte auf meist unhygienische und altmodische Methoden zurückgreifen, um den Patienten helfen zu können. Zusätzlich sind Behandlungen enorm teuer für die Venezolaner: teilweise kosten diese das zwei- oder dreifache ihrer Rente, da sich die Inflationsrate im Millionenbereich befindet, höher als in jedem anderen Land.
Das Gesundheitssystem ist zusammengebrochen, und zwar schon lange vor Covid – 19.
Verborgenes kommt ans Licht – der Corona Virus in Venezuela
Wirtschaft: Nach Angaben der Regierung gibt es derzeit 113 bestätigte Infektionen und zwei Todesfälle. Am 12. März hat dann Nicolas Maduro den Coronavirus-Notfall ausgerufen und am 17. März eine landesweite Ausgangssperre angeordnet, die die Bewegungsfreiheit einschränkt und den Einzelhandel mit Ausnahme von Lebensmittelgeschäften, Drogerien und Apotheken lahmlegt.
Nicolas Maduro verspricht wirtschaftlich so gut es geht auszuhelfen, doch die US- Sanktionen schränken die Möglichkeiten Maduros extrem ein. Da die USA immer noch die Auslandskonten mit einer Summe von sieben Milliarden US Dollar blockiert, kann Maduro nicht auf die benötigten, öffentlichen Gelder zugreifen. Doch am 01.04. meldet sich Trump zu Wort und erklärt, dass alle Sanktionen gegenüber Venezuela aufgehoben werden würden, wenn es zu Neuwahlen kommen würde, die legal ablaufen würden. Maduro spricht sich bewusst dagegen gegen seinen Rivalen aus und zeigt dem venezolanischen Volk seinen Plan, um mit der Krise umzugehen: Erst einmal werden alle Gewerbe- und Wohnungsmieten, sowie alle Kapital- und Darlehenszinszahlungen für sechs Monate ausgesetzt werden. Ebenfalls sollen Löhne der kleinen und mittleren Unternehmen bis September vom Staat gezahlt werden. Zusätzlich sollen Entlassungen aufgrund der Quarantäne verboten werden. Auch Kreditanträge von schwächeren Unternehmen werden nun zügiger bearbeitet werden. Die Versorgung wird gewährleistet: ein spezieller landwirtschaftlicher Investitionsplan soll sieben Millionen Familien ihre Mahlzeiten zusichern.
Meiner Meinung nach, ist es erst einmal gut zu sehen, dass sich so aufmerksam um die Situation gekümmert wird. Dies war auch mein erster Eindruck. Aber wenn man sich mal überlegt, dass es erst eine Pandemie braucht, damit einem verarmten Volk von seinem Präsidenten geholfen wird, weil sonst die Situation, die schon seit mehreren Jahren so im Lande herrscht, einfach verherrlicht oder ignoriert wurde, kommt einem das Ganze etwas heuchlerisch vor. Zusätzlich ist zu sagen, dass die Zustimmung zu dem Angebot der USA der venezolanischen Bevölkerung eventuell einen großen Vorteil verschafft hätte, denn das hätte dem Land den benötigten wirtschaftlichen Aufschwung gegeben, um das Verhältnis der Menschen verbessern zu können. Es kann sein, dass diese Ansicht zu einseitig ist, aber in solch einer katastrophale Lage, müsste eigentlich die oberste Priorität des Präsidenten das Wohl seiner Bürger sein und wenn dieses nur durch eine Zusammenarbeit mit dem Rivalen ( USA) gewährleistet werden kann, sollten die Vernunft und Verantwortung Maduros überwiegen und er sollte jede Möglichkeit nutzen irgendwie aus dieser Krise, die auch ihm einen schlechten Ruf verleiht, rauszukommen.
Gesundheitssystem: Maduro zeigte den Venezolanern in den Nachrichten, wie man sich einen Mundschutz aufsetzt, und erklärte somit, dass es nun eine landesweite Mundschutzpflicht geben wird. Fraglich ist, wie soll sich ein Venezolaner einen Mundschutz leisten können, wenn solch einer auf dem Schwarzmarkt bis zu zwei US-Dollar kostet, was einem Drittel-Monatslohn entspricht, weil es in den Geschäften keine gibt, basteln sich die Menschen ihren Mundschutz selbst. Trotzdem verspricht Maduro, es seien alle notwendigen medizinischen Mittel vorhanden, um das Virus erfolgreich in den Griff zu bekommen. Durch die Kooperation mit Hotelketten sollen 4.200 temporäre Krankenhausbetten in das staatliche Gesundheitssystem aufgenommen werden, knapp 13.000 Ärzte führen landesweit Hausbesuche durch, unterstützt durch die 130 aus Kuba eingeflogenen medizinischen Hilfskräfte. Und die Mengen an Tests für das Corona Virus sollen sich jetzt ebenfalls auf eine Anzahl von zwei Millionen erhöhen.
Grundsätzlich klingen die Maßnahmen Maduros positiv, auch wenn teilweise die grundlegenden Probleme, wie Mangel an Medikamenten, Desinfektionsmittel und beispielsweise auch schlecht ausgestatteten Krankenhäuser, oder eine Gesellschaft ohne Wasserzugang, um sich die Hände zu waschen, einfach ungelöst gelassen werden. Aber irgendwo ist immer ein Anfang, und hier hat Venezuela seinen Versuch gestartet, die Situation zu bessern, und auch, wenn es vielleicht unrealistisch ist, hoffe ich, dass die von Maduro angekündigten Hilfemaßnahmen die Verhältnisse in Venezuela vielleicht auch auf längere Zeit verbessern können.
Ich habe mich für dieses Thema entschieden, weil ich es als wichtig empfunden habe, mich darüber zu informieren, wie es einem Land geht, das nicht so gut ausgesorgt ist, wie wir in Deutschland. Ein Land, für welches einfaches zu Hause bleiben nicht einfach und sorgenlos verläuft, weil Hunger und Armut auch so schon eingetreten sind. Ein Land in dem Hamstern noch nicht einmal möglich wäre, weil es einerseits zu wenig Nahrungsmittel dafür gibt und andererseits kaum jemand genug Geld dafür übrighat. So kann ich abschließend sagen, dass dieses Thema mich zwar schockiert, aber mir gleichzeitig auch die Augen geöffnet hat, um mir zu zeigen, wie gut ich es doch habe, ohne wirkliche Probleme die Corona Pandemie überstehen zu können, und zu wissen, dass wenn mein Zustand sich gesundheitlich verschlechtern würde, unser Gesundheitssystem noch kräftig genug wäre, um mir helfen zu können.
Quellen:
https://amerika21.de/2020/03/238477/venezuela-corona-wirtschaftsmassnahmen