Abi geschafft! Und was kommt danach?

Mein entwicklungspolitischer Freiwilligendienst „weltwärts“ in Uganda!

ein Beitrag von Julia Faber [Abiturientin 2019]

Etwas später als erwartet, aber jetzt endlich starte ich mein fast einjähriges Abenteuer in Uganda und bin schon total aufgeregt.

Als ehemaliges Redaktionsmitglied der Schülerzeitung des GSG ist es mir natürlich eine große Freude, Euch ein wenig auf meine Reise mitzunehmen! Nun fragt Ihr Euch vielleicht, warum ich diesen Artikel jetzt schon schreibe, wo ich doch gerade erst im Flugzeug sitze und noch gar nichts über Uganda berichten kann. Da aber ja die neue Reihe „Abi – und was dann?“ der Schülerzeitung auch als eine Art Ideenspender fungieren soll für all diejenigen, die noch nicht wissen, was sie nach dem Abi machen wollen, dachte ich, dass ich erstmal kurz erkläre, was genau ein Freiwilligendienst ist, welche Programme es gibt und wie das Ganze abläuft.

Wie schon erwähnt, gehe ich mit dem Programm „weltwärts“ nach Uganda, wahrscheinlich dem bekanntesten Programm für staatlich geförderte Langzeitfreiwilligendienste.

„Weltwärts“ ist der entwicklungspolitische Freiwilligendienst des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ).

„Weltwärts bringt die Welt ein Stückchen mehr zusammen!“

„weltwärts“ ist eine Initiative des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), die das Interesse junger Menschen an freiwilligem Engagement im Ausland unterstützt.

Seit Gründung 2008 haben schon rund 34 000 Jugendliche einen Freiwilligendienst in Ländern des sogenannten globalen Südens absolviert und sich in diversen Projekten engagiert.

Der entwicklungspolitische Freiwilligendienst weltwärts, mit dem jährlich rund 3400 junge Menschen zwischen 18 und 28 Jahren ins Ausland gehen, versteht sich primär als Lerndienst. Dabei steht der transkulturelle Austausch sowie das Globale Lernen im Vordergrund.

Es gibt mehr als 160 Entsendeorganisationen und noch mehr Partnerorganisationen in den Einsatzländern, die in enger Zusammenarbeit das Programm gestalten und uns Freiwilligen stets mit Hilfe und Unterstützung zur Seite stehen.

Seit 2013 werden nicht nur junge Menschen aus Deutschland für 6 bis 24 Monate ins Ausland entsandt, sondern auch jungen Menschen aus Ländern des globalen Südens die Möglichkeit geboten, sich als Freiwillige in Deutschland zu engagieren.

Sowohl das Nord-Süd als auch das Süd-Nord-Freiwilligendienstprogramm tragen zum Austausch und zur Bildung einer globalen Gesellschaft bei. Dabei verstehen sich viele Freiwillige als „Global Citizens“ in einer Weltgemeinschaft, in der Begegnungen auf Augenhöhe stattfinden und alle gemeinsam füreinander verantwortlich sind.

Finanziert wird der Freiwilligendienst zu 75% durch Mittel des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ). Die restlichen 25% werden von der Entsendeorganisation getragen. Dabei ist diese auf Spenden angewiesen, die die Freiwilligen in Zusammenarbeit mit ihrer Entsendeorganisation sammeln.

Aber wie genau läuft das jetzt bei weltwärt ab, wann und wo muss ich mich bewerben und warum eigentlich ein staatlich geförderter Freiwilligendienst?

Bevor man dann aufgeregt, mit tausend Gedanken im Kopf, voller Vorfreude und auch Ungewissheit im Flugzeug auf dem Weg in seine neue Heimat sitzt, muss man sich natürlich zunächst bewerben und eine meist halbjährige Vorbereitungszeit durchlaufen.

Aber eins nach dem anderen. Zunächst steht die Bewerbung an. Hier gibt es zwei Typen von Freiwilligen. Jene, die sich erst die Entsendeorganisation in Deutschland aussuchen und dort dann ein passendes Projekt und jene, wie auch ich, die gezielt nach Projekten schauen und dann im zweiten Schritt die Organisationen begutachten. Welcher Weg „richtig“ ist, muss wahrscheinlich jede*r individuell entscheiden, allerdings macht es sicherlich einen Unterschied, welche Projekte und Einsatzländer einem vorschweben. Möchte man gern mit Kindern arbeiten, z.B. in Bolivien oder Indien, dann ist die Auswahl an Organisationen sehr viel größer als wenn man vielleicht in einem Sportprojekt im Nahen Osten arbeiten möchte. Hat man sich dann für eine Organisation/Projekt entschieden (eine Datenbank mit Projekten und Entsendeorganisationen ist auf der weltwärts Website zu finden), bewirbt man sich direkt bei den Entsendeorganisationen. Hier hat jede Organisation ihre eigenen Abläufe und Bewerbungszeiträume, aber meistens bewirbt man sich im Herbst/Winter, wenn man im kommenden Sommer ausreisen möchte. Ein kleiner Tipp am Rande. Oft gibt es in den Organisationen noch freie Stellen, obwohl der Bewerbungszeitraum bereits abgelaufen ist. Also nicht gleich aufgeben, wenn man den Bewerbungszeitraum verpasst hat, sondern einfach mal nachfragen ☺

Nach der schriftlichen Bewerbung, in der man meist ausführlich über seine Motivation, Ideen und Ziele berichtet, folgt das Orientierungs-/Auswahlseminar. Da ich mich bei zwei verschiedenen Organisationen beworben habe, habe ich auch zwei solcher Seminare besucht und finde diese sehr empfehlenswert, auch für jene, die noch gar nicht sicher sind, ob ein Freiwilligendienst wirklich etwas für sie ist. Auf diesem Seminar spricht man viel über die eigene Motivation, lernt Leute kennen, die schon einen Freiwilligendienst gemacht haben und andere, die es noch vorhaben.

In der Regel lernt man auf diesem Seminar auch schon die „Freiwilligen-Mentalität“ kennen und weiß am Ende eher, was auf einen zukommen kann und ob man das wirklich für so eine lange Zeit machen möchte.

Nun kommt der Moment, in dem man sich gemeinsam mit der Entsendeorganisation überlegt, ob man die kommenden 12 Monate miteinander arbeiten möchte. Wenn dies der Fall ist, beginnt eine lange und auch spannende Vorbereitungszeit.

In aller Regel sind weltwärts Freiwilligendienste 12 Monate, aber mindestens 6 Monate lang. Dies ist in meinen Augen auch sinnvoll, aber dazu mehr im Abschnitt „Voluntourismus“.

Es folgt dann also die meist 6 monatige Vorbereitungszeit, in der man sich um’s Visum und die nötigen Impfungen kümmert, viel Papierkram erledigt und sich natürlich auch individuell auf die geplante Reise vorbereitet.

Diese Vorbereitungszeit endet dann meist mit dem sogenannten 10-Tage-Seminar. Dieses Seminar ist Pflicht für alle weltwärts-Freiwilligen und bietet die Möglichkeit, sich über alle Themen, die einem auf der Seele brennen, auszutauschen. Hinzu kommen aber auch allerlei Themen, über die man zuvor ggf. gar nicht nachdachte. Es geht u.a. um Strategien der Konfliktbearbeitung, um Themen wie Abschied und Heimweh oder auch Nähe und Distanz im Freiwilligendienst. Außerdem schaut man nochmal gesondert auf die eigene Rolle als Freiwillige*r und beschäftigt sich daher zwangsläufig auch mit dem Thema Postkolonialismus, was in den folgenden Monaten im Freiwilligendienst immer wieder Thema sein wird. Schließlich lernt man auch seine Mitfreiwilligen gut kennen, verbringt eine schöne Zeit und hat genau Raum, sich mit ehemaligen Freiwilligen (Teamern) auszutauschen und Tipps zu bekommen. Vielleicht ist beim Seminar, wie es auch bei mir der Fall war, auch eine „Incoming Gruppe“ (Freiwillige aus dem Ausland, die in Deutschland ihren Freiwilligendienst machen) dabei. Das steigert die Vorfreude dann meist noch mehr ☺

Und wenn das dann alles geschafft ist, die Koffer gepackt und den Liebsten „Tschüss“ gesagt wurde, beginnt das große Abenteuer.

Während der Zeit wird man durch einen Mentor vor Ort und natürlich die Leute der Aufnahmeorganisation betreut. Zudem gibt es eine pädagogische Begleitung von Deutschland aus, an die man sich ebenfalls immer wenden kann. In der Mitte des Freiwilligendienstes gibt es dann ein Zwischenseminar, bei dem man meist die Mitfreiwilligen vom 10-Tage-Seminar, die in der selben Region sind, wiedersieht und sich austauschen kann.

Wenn man dann wieder in Deutschland ist, folgt noch das Rückkehrseminar und natürlich unzählige Erinnerungen an die Zeit des Freiwilligendienstes.

Das Schöne an einem staatlich geförderten Freiwilligendienst ist natürlich erstmal die Übernahme der Kosten. Sowohl der Flug und die Unterkunft als auch alle anderen laufenden Kosten bzw Kosten für Impfungen oder Versicherungen werden von der Entsendeorganisation bzw. dem BMZ getragen. Wir Freiwilligen sind zwar angehalten, Spenden für unseren Aufenthalt zu sammeln, da 25% der Kosten nicht vom BMZ getragen werden und die Entsendeorganisationen i.d.R. gemeinnützig sind, aber auch das ist keine Pflicht. Zudem ist es schön, eine rundum fürsorgliche Betreuung zu haben und die Sicherheit, vor Ort Strukturen vorzufinden, die sich auf die Freiwilligen freuen.

Voluntourismus für den Lebenslauf

Wenn man über Freiwilligendienste spricht, ist oft die Rede vom „Voluntourismus“, ein Akronym aus den Worten „Volunterring“ und Tourismus. Gerade in Bezug auf Kurzzeitfreiwilligendienste taucht diese Kritik auf, die ich sicherlich zum Teil auch teile. Das Problem, insbesondere an Kurzzeitfreiwilligendiensten ist es, dass eine Schule in Indien natürlich keine deutschen Jugendlichen braucht, die für 4 Wochen zum „Helfen“ kommen und dann gleich wieder verschwinden. Die Kinder gewöhnen sich dann an die Freiwilligen und werden gleich schon wieder von ihnen allein gelassen. Generell ist der Gedanke des „Helfens“ bei einem Freiwilligendienst irrtümlich. Ich werde für meinen Teil werde für 10 Monate an einer Musikschule in Uganda unterrichten, ohne dass ich je an einer Musikschule in Deutschland unterrichtet habe oder überhaupt die Möglichkeit dazu hätte. Natürlich hoffe ich, dass ich mit den Kindern dort singen kann und sie Spaß daran haben, aber (und es ist wichtig das im Hinterkopf zu behalten) natürlich kann ich, nur weil ich aus Deutschland komme, nicht besser unterrichten als jemand aus Uganda. Vielmehr geht es beim Freiwilligendienst um den transkulturellen Austausch. Es geht darum, den Menschen in Deutschland Geschichten über Uganda zu erzählen, die über die Nachrichtenbilder von Armut, Hunger und Aids hinausgehen und gleichzeitig auch den Menschen vor Ort zu vermitteln, dass auch in Deutschland nicht alle in Saus und Braus leben.

Im Endeffekt ist es sicherlich so, dass wir Freiwilligen den Leuten vor Ort viel Arbeit bereiten, indem sie uns überall einarbeiten müssen, uns die Kultur und Gewohnheiten zeigen und uns auf die vielen Fragen Antworten geben. Dennoch glaube ich, dass ein Langzeitfreiwilligendienst sinnvoll ist. Ein Freiwilliger hat mal gesagt, dass die Leute vor Ort nicht zu uns kommen können, aber wir zu ihnen und das sollten wir nutzen.

Denn eine globale Gesellschaft auf Augenhöhe kann nur entstehen, wenn wir uns gegenseitig kennenlernen und Geschichten teilen können.

Kulturweit – Der kulturelle Freiwilligendienst als Alternative zu weltwärts.

Neben weltwärts gibt es noch mehrere andere Programme, allen voran „Kulturweit“. Kulturweit läuft ähnlich zum weltwärts Programm ab. Ebenfalls gibt es eine staatliche Förderung, ein monatliches Taschengeld und meist bleiben die Freiwilligen in ihrem Gastland für 12 Monate. Bei Kulturweit geht es allerdings, wie der Name schon sagt, um Projekte im Bereich Kultur. Meines Erachtens nach sind aber vor allem der Bewerbungsprozess und die Begleitung sowie die Organisationsstrukturen anders. Bei Kulturweit muss man sich im vorgegebenen Bewerbungszeitraum bewerben und alle Bewerbungen laufen über eine zentrale Stelle. Anders als bei weltwärts gibt es also keine deutschen Entsendeorganisationen, die für uns Freiwillige zuständig sind, uns pädagogisch begleiten und den FWD organisieren. All dies wird direkt von kulturweit erledigt. Die Leistungen und Situationen vor Ort sind allerdings sehr ähnlich.

Der IJFD und EVS 

Ansonsten gibt es meiner Kenntnis nach noch zwei weitere staatlich geförderte Programme, nämlich den Internationalen Jugendfreiwilligendienst IJFD sowie den European Voluntary Service EVS. Letzteres geht, wie der Name schon sagt, ausschließlich ins europäische Ausland sowie die Nachbarländer. Der EVS gehört zum Erasmus Plus Programm der Europäischen Union. Auch hier arbeiten die Freiwilligen mit Organisationen zusammen, allerdings gibt es deutlich weniger Seminare als bei weltwärts und den anderen Programmen, was ich persönlich sehr schade finde. Die Seminare sind m.E. nach sehr wichtig und sinnvoll und auch die Organisationen, sowohl die deutschen als auch die Partnerorganisationen im Ausland, bemängeln diese wenigen Seminare stark. Ansonsten ist der EVS vor allem für diejenigen, die ins europäische Ausland wollen, sinnvoll. Zudem hat der EVS soweit ich weiß keine Mindestdauer von sechs Monaten, wie es bei weltwärts der Fall ist.

Der IJFD läuft eigentlich genauso ab, wie weltwärts und viele Entsendeorganisationen bieten beide Programme an, ohne dass es für die Freiwilligen einen Unterschied gibt. Der große Unterschied, der hier besteht, sind aber die Gastländer der Freiwilligen. Mit dem entwicklungspolitischen Freiwilligendienst weltwärts geht es für deutsche Freiwillige ausschließlich in Entwicklungs- und Schwellenländer. Für IJFD-Freiwillige hingegen kann es auch nach Australien, in die Schweiz oder nach Rumänien gehen.

Lust auf mehr?

Ich werde sicherlich auch mal einen Bericht über meine Erfahrungen in Uganda für die Schülerzeitung schreiben. Wenn Ihr aber genauer wissen wollt, wie es mir geht und was ich so mache, könnt Ihr auch gern auf meinem Blog vorbeischauen: www.juliagoesweltwaerts.home.blog

Denn als weitwärts Freiwillige nehme ich die Möglichkeit natürlich gerne an, Geschichten über Uganda erzählen zu können und diese auch an Mann und Frau zu bringen. Außerdem habe ich mich, wie die allermeisten Freiwilligen auch, dazu entschieden, bei der Finanzierung meines Freiwilligendienstes zu helfen und einen sogenannten Solikreis aufgebaut, der u.a. auch aus diesem Blog besteht.


Weitere Infos zu den hier erwähnten Freiwilligendiensten findest du hier:

www.weltwaerts.de/de/

https://ec.europa.eu/programmes/erasmus-plus/about_de

https://www.ijfd-info.de/startseite.html


Illustrationen: pixabay.com