Das Graf-Stauffenberg-Gymnasium steht gemeinsam
Viele Schüler*innen des Graf-Stauffenberg-Gymnasiums in Flörsheim sind dem Aufruf gefolgt und haben gemeinsam Stellung bezogen gegen Rassismus und Ausgrenzung jeglicher Art. Auch zahlreiche Lehrer*innen und Mitarbeiter*innen unserer Schule haben sich angeschlossen. Initiiert wurde die Aktion von der AG “Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage”.
Die folgende Rede stammt von diesem 09. November 2018, an dem unserem #wirsindmehr-Flashmob stattfand. Gesprochen haben Lilli Weiser (9a), Hannah Gebhardt (Q3), Lars Ehrecke (10-1) und Julia Faber (Q3):
„Wir, die “Schule ohne Rassismus Schule mit Courage“ AG, haben heute diesen #wirsindmehr Flashmob organisiert, um zu zeigen, dass wir als Schule und vor allem als Schulgemeinschaft mehr sind.
Dass wir mehr Leute sind, die so sein wollen, wie sie sind und andere so sein lassen, wie sie sind; die Fremdenfeindlichkeit und Mobbing nicht tolerieren und die aufstehen gegen Rassismus, Homophobie, Sexismus und jegliche Formen von Diskriminierung.
Diesen #wirsindmehr haben wir uns als AG aber nicht selbst ausgedacht.
Vielleicht könnt ihr Euch noch an die Ausschreitungen in Chemnitz erinnern. Vor ca. 2 Monaten war die Stadt immer wieder in den Nachrichten. Leider nicht, weil Chemnitz eine schöne Stadt ist, sondern aufgrund von rechter Gewalt. Man sah Menschen, die den Hitlergruß zeigten und andere aufgrund ihrer Hautfarbe jagten.
Aber ist ganz Chemnitz rechts? Das fragten sich damals viele. Doch das dem nicht so ist, zeigten die Chemnitzerinnen und Chemnitzer mit einem Konzert unter dem Titel #wirsindmehr.
Es beteiligten sich immer mehr Städte an Aktionen mit dem Titel #wirsindmehr. Es geht darum zu zeigen, dass wir mehr Menschen sind, die gegen Hass und Hetze sind als jene, die berechtigte Ängste instrumentalisieren und Hass schüren. Und genau das, wollen auch wir heute mit diesem Flashmob zeigen.
Das heutige Datum, der 9. November, taucht, aufgrund der vielen einschneidenden Ereignisse, immer wieder in den Geschi-Büchern auf.
Denn am 9. November 1989 ist die Berliner Mauer gefallen, die Ostdeutschland von Westdeutschland fast drei Jahrzehnte trennte. Es gingen damals in der DDR viele unglaublich mutige Menschen auf die Straßen, um friedlich für ihre Freiheit und für ein vereintes Deutschland zu kämpfen. Der Mauerfall, heute vor 29 Jahren, zeigt schließlich, dass wir gemeinsam sogar Mauern zu Fall bringen können.
Und deshalb ist das, was wir heute machen, kein Tropfen auf den heißen Stein. Vielleicht können wir allein nicht die Welt retten, aber ich kann mich fragen, in welcher Welt ich leben möchte – und das ist keine Welt, in der Menschen keine Menschen mehr sind.
Eine Welt, die vor 80 Jahren noch traurige Realität in diesem Land war, als Nationalsozialisten regierten und unschuldige Menschen aufgrund ihrer Religion getötet wurden. Ein trauriger Höhepunkt der Judenverfolgung fand mit der sogenannten Reichspogromnacht genau heute vor 80 Jahren statt, am 9.11.1938.
Wir können entscheiden, ob sich solche Szenen wiederholen und damit das nicht passiert, stehen wir heute hier.
Wenn ich mich hier so umsehe, wenn ich in der Pause durch die Gänge laufe, dann sind hier so viele unterschiedliche Menschen. Manche sind kleiner, manche sind größer. Manche von uns haben mehr Geld, andere weniger. Einige haben eine andere Hautfarbe als andere. Manche von uns sind in einem anderen Land geboren. Manche von uns glauben an einen Gott, wie auch immer wir ihn nennen, andere tun das nicht. Erst kürzlich haben wir gezeigt, dass wir unterschiedlichen Parteien unsere Stimmen geben würden. Wir haben verschiedene Geschlechter und lieben unterschiedlich. Doch was uns alle hier immer verbinden sollte, ist dass wir uns gegenseitig achten. Jede Schülerin und jeder Schüler an unserer Schule muss die Möglichkeit haben, seine volle Persönlichkeit zu jedem Zeitpunkt so auszuleben, dass er oder sie nicht das Gefühl hat, sich verstellen zu müssen. Keiner hier soll sich für irgendetwas schämen müssen oder Angst vor ungleicher Behandlung haben, solange die Regeln, die in unserem Land für alle gelten, das Grundgesetz, nicht verletzt werden. Sicherlich ist das schwierig und bedarf der Anstrengung aller Beteiligten, doch nur wenn wir bereit sind, miteinander zu diskutieren, uns zu widersprechen aber trotzdem gegenseitig zu respektieren, können wir die Unterschiede zwischen uns überwinden. Dann sind wir wirklich mehr, weil jeder von uns ein Teil davon ist. Wir, die hier stehen, die zur Schule gehen sind die Zukunft dieser Welt, dieses Landes, was besonders an einem Tag wie heute, wie Julia bereits erwähnt hat, auf eine Vergangenheit zurückblickt, die uns bis heute prägt. Wir tragen keine Schuld an den grausamen Verbrechen früherer Generationen, doch wir tragen die Verantwortung dafür, daraus zu lernen. Daran zu erinnern, dass so etwas niemals wieder geschehen darf. In vielen Städten geschieht dies durch Stolpersteine, die an Opfer des NS-Regimes erinnern und ihr Schicksal erzählen. Damit soll deutlich gemacht werden, wie willkürlich, wie menschenverachtend und vor allem abscheulich das ist, was geschieht, wenn Hass und Extremismus regieren. Wir, die Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage AG haben uns vorgenommen, diese Stolpersteine auch in Flörsheim einzuführen, sodass auch in Flörsheim auf diese Art der Vergangenheit gedacht werden soll. Dies soll das erste Projekt von vielen werden, mit dem wir uns gegen Rassismus, Hass und Hetze einsetzen wollen. Wenn ihr uns dabei helfen wollt dann würden wir uns freuen, wenn ihr Teil unserer AG werdet. Aber vor allem möchte ich euch an dieser Stelle darum bitten, miteinander zu diskutieren. Bildet euch eine Meinung, verteidigt sie oder erkennt ihre Schwächen. Auch, wenn ihr diese Aktion heute kritisch seht oder noch Fragen zum Netzwerk „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ habt, dann kommt zu uns, diskutiert mit uns und fragt uns aus. Aber nehmt das, was um euch herum passiert nicht nur desinteressiert wahr, weil sonst wenige genügen, um lauter als die Mehrheit zu sein.
Wir als AG würden gerne, dass unsere Schule dem Netzwerk Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage aufgenommen wird, um auch weiterhin zu zeigen, dass sich diese Schule gegen Diskriminierungen jeglicher Art stellt. Dafür müssen 70% der Schüler*innen/Lehrer*innen und sonstigen Angestellte unterschreiben, dass sie die Werte des Netzwerkes teilen und sich für Menschlichkeit einsetzten. Um es mit einem Zitat aus dem Lied zu sagen, welches jetzt noch zum Abschluss gesungen wird: Wir kämpfen für neue Brücken über Täler tiefster Intoleranz.“
Rede: AG “Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage”
Fotos: M. Rehm