Was Satire darf

Recep Tayyip Erdogan, ein „Ziegenficker“?

Ein Essay von Daniel Hamzeh, Klasse 12 (Q2)

„Extra 3“, die „heute show“ und das „ZDF Neo Magazin Royale“. Wir kennen sie alle. All diese Shows helfen mir wahrlich durch den Alltag, denn sie sind lustig, amüsant und allzu witzig. Sie brechen den realen Irrsinn auf das Kleinste herunter und haben mir geholfen, Gefallen an der Politik zu finden. Ich weiß, das hört sich jetzt vielleicht durchaus komisch an, aber Satire ist nicht nur unglaublich lustig, sondern leider häufig Realität, was für mich nach einem lachenden Auge häufig zu einem weinendem führt.

Zu Recht frage ich mich dann manchmal: „Das kann doch kein Politiker wollen, oder?“. Und so ist es häufig auch. Der türkische Staatspräsident hat Anzeige gegen Jan Böhmermann, einen deutschen Satiriker, erstattet, der Erdogan im Rahmen eines satirischen Gedichtes als „Ziegenficker“ bezeichnet hat. Daraus ist eine heftige Diskussion entflammt, die darüber debattiert, was Satire denn eigentlich dürfe. Alles?

Beispielfoto (Quelle: www.pixabay.com)

Was ist Satire eigentlich? Satire ist per Definition nach der Brockhaus Enzyklopädie eine Literaturgattung, die durch Spott, Ironie, Übertreibung bestimmte Personen, Anschauungen, Ereignisse oder Zustände kritisieren oder verächtlich machen will. Also gut, eine Satire soll witzig sein und übertreibt dabei manchmal. Aber mal ganz ehrlich, so manche Witze gehen durchaus über den Tellerrand hinaus und übertreiben maßlos. Muss das sein? Kurt Tucholsky, der einen Kommentar über die Satire verfasst hat, ist ganz klar der Ansicht, dass Satire übertreiben müsse, denn Satire sei nach ihrem tiefsten Wesen ungerecht. Dabei bleibe die Satire jedoch stets bei der Wahrheit. Und genau das ist meiner Meinung nach essenziell für die Satire. Ja, die Publizistin Sandra Wahle hat Recht, die politische Situation ist so häufig ernst. Und ja, auch Stefan Neuhaus hat Recht, die Satire zieht Personen der Zeitgeschichte ins Lächerliche und tut dies in einer lustvollen Art und Weise, ohne Rücksicht auf Tubus. Aber sie bleibt bei der Wahrheit und das Echte, die Wahrheit, die Realität ist von enormer Bedeutung, denn Satire ist tatsächlich eine Quelle für politische Informationen. Ich gebe zu, zwischen der Tagesschau und der „heute show“ liegen Welten. Aber dennoch übermitteln beide Informationen, die jeweils unterschiedlich verpackt sind. Die „heute show“ ist zum Beispiel eine richtig gute Alternative für uns Schülerinnen und Schüler, denn für die Kinder-Nachrichtensendung „Logo“ sind wir durchaus zu alt und die Tagesschau ist auf Dauer echt trocken und vielmehr etwas für Erwachsene. Die „heute show“ schlägt hier echt eine Brücke zwischen aktuellen Informationen, Spaß und Freude im Dauerrausch. Übrigens, „Rausch“ ist vielleicht gar nicht mal die falsche Wortwahl, denn die Publizistin Sandra Wahle ist der Meinung, dass die „heute show“ eine „Einstiegsdroge“ für politische Informationen sein könne. Des Weiteren ist sie der Ansicht, dass Satire sogar das politische Interesse bei vielen Menschen wecke und dazu führe, dass wir uns mehr mit politischen Sachverhalten beschäftigten. Eine Ansicht, die ich zutiefst teile, denn wie bereits erwähnt, Satire hilft mir wahrlich durch den Alltag.

Beispielfoto (Quelle: www.pixabay.com)

Satire scheint demnach, wichtig zu sein. Aber darf sie deshalb alles? Lutz Schroeder, ein Rechtsanwalt, sagt, dass Satire und Karikaturen in ihrer konkreten Ausgestaltung von dem Grundrecht der Meinungsäußerungsfreiheit geschützt seien. Gegebenenfalls könne die Satire sogar eine Kunstform sein, die durch die Kunstfreiheit grundrechtlich geschützt sei. Dem entnehme ich also, dass die Satire geschützt ist und man demnach annehmen könnte, dass Satire alles darf. Aber wenn wir mal ehrlich sind, wissen wir auf Grund unseres Wertefundamentes, dass Satire zu weit geht, wenn sie mit persönlichen Angriffen auf verbale Art und Weise agiert. Das geht nämlich zu weit und ist, laut Lutz Schroeder, auch unzulässig. Lutz Schroeder ist auch der Ansicht, dass Satire auf der Realität basieren müsse. Das ist meiner Meinung nach auch definitiv notwendig, denn sonst handelt es sich um Rufmord, wenn Personen als etwas bezeichnet werden, das sie nicht sind.

Führen wir uns nochmal den „Jan Böhmermann Fall“ zu Gemüte. Ich bin ehrlich, ich weiß nicht, ob der türkische Staatspräsident eine heimliche Zuneigung zu Ziegen verspürt und ich habe so meine Zweifel, ob Jan Böhmermann dies weiß und wenn woher? Demzufolge finde ich, dass die Satire hierbei auf Grund mangelnder Beweise unzulässig ist und das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen sehr stark verletzt wird.

Ein weiteres Problem der Satire ist, dass sie regelmäßig mit Stereotypen arbeitet. Ihr wisst schon: Alle weißen Amerikaner lieben Waffen, die Deutschen saufen den ganzen Tag nur Bier und laufen in Lederhosen herum und Araber mit langen Bärten sind alle Terroristen mit Sprengstoffgürteln. Stereotypen, beziehungsweise Vorurteile sind wichtig für den Witz, können zugleich jedoch auch unglaublich verletzend sein. Ich weiß selbst als Deutscher arabischstämmiger Herkunft, dass es schlimm ist, Vorurteile zu haben, denn die Menschen, die es betrifft, haben dadurch zahlreiche Nachteile in der Grundschule, auf dem Gymnasium und später im Job. Außerdem verletzt es die Menschen sehr. Demnach ist es wichtig, bei Satire zu unterscheiden. Es handelt sich bei Satire um keinen persönlichen Angriff, zumindest sollte es sich um keinen handeln, denn nur dann ist Satire gut und zulässig. Außerdem, offen gesagt, wenn Satire keine Freiheiten hätte, dann würde es sie wahrscheinlich gar nicht geben, denn das Lebenselixier der Satire, das ist die Freiheit.

Satire ist also nicht nur abhängig von der Freiheit, sondern auch unglaublich wichtig für die Demokratie, denn ohne Satire würden wir vielleicht gar nicht mitbekommen wie schlimm es um unser Land, unseren Kontinent und um unsere Welt steht. Wollen wir das? Ich denke nicht, denn es ist unsere Welt, in der wir und später unsere Kinder leben werden. Außerdem ist Satire auch relevant für uns Schülerinnen und Schüler, denn Satire treibt uns zur Politik. Ob das jetzt gut oder schlecht ist, muss jeder für sich selbst beantworten aber Politik heißt Mitbestimmung und wir Schüler sollten mitbestimmen. Darf Satire deshalb alles? Auf keinen Fall. Persönliche Angriffe und realitätsfremde Inhalte sind selbst für die Satire tabu, dennoch sollte man der Satire zahlreiche andere Freiheiten gewähren, auch um unsere Freiheit zu schützen.


Dieser Beitrag ist ein Ergebnis aus dem Deutschunterricht der Jahrgangsstufe 12. Das Thema lautet “Materialgestütztes Schreiben”.

Bildquelle: www.pixabay.com