Schülerzeitung des Graf-Stauffenberg-Gymnasiums Flörsheim am Main
Deutsche Unternehmen und deutsche Gesellschaft unter Druck
Warum auch uns Trumps „anti-woke Politik“ etwas angeht!
Ein Meinungsbeitrag von Marie Lüder, Klasse 11-1
Seit dem 20. Januar 2025 sitzt Donald Trump erneut am wichtigsten Posten Amerikas, dem kiefernhölzernen „Resolute Desk“ des Weißen Hauses mit der Berechtigung, über Amerika zu regieren. 77.303.569 Stimmen erhielt der US-Amerikaner im Wahlkampf gegen Kamala Harris, eine Mehrzahl, die weitreichende Folgen haben sollte. In den 4 Monaten seiner Amtszeit haben die US-Amerikaner und US-Amerikanerinnen diese bereits zu spüren bekommen. Das medienpopuläre Auflösen des Bildungsministeriums in Amerika, welches für viele junge Menschen den Traum vom Lernen und Weiterbilden zerstört, ist kein Einzelfall geblieben.
Ganz im Gegenteil, Trump spricht sich auch ganz klar gegen Genderneutralität und Transrechte im Sport oder in Schulen aus.
So gibt es beispielsweise seit 2021 -Trumps erster Regierungszeit- ein Gesetz namens „Fairness in womens sports“[1], welches transsexuellen Mädchen die Teilnahme am Mädchensport in Schulen untersagt. Des Weiteren spricht sich Trump gegen die schulische Aufarbeitung von Rassismus in der US-Geschichte aus. In einem Meinungsartikel aus 2021, welcher auf der Website „Realclearpolitics“ veröffentlicht wurde, schreibt Trump: „Teaching that the United States is inherently racist is a form of psychological abuse.“ [2] Stattdessen bekommen patriotische Lehrpläne seine Zustimmung und Unterstützung.
Diese Form der Politik, welche sich gegen die Aufarbeitung von gesellschaftlich kritischen Themen wie Genderneutralität und Rassismus richtet, wird auch häufig als „anti-woke Politik“ bezeichnet und momentan von Donald Trump aktiv betrieben. Er stellt progressive Ideen, welche die Integration von vulnerablen Gruppen in die Gesellschaft vereinfachen sollen, als übertrieben, spaltend und ideologisch dar und versucht ihnen daher durch Verbote entgegenzutreten, beziehungsweise sie wieder rückgängig zu machen.
Es ist klar festzustellen, dass dies eine Tragödie für alle Frauen, LGBTQ-Angehörige und ausländische Bürgerinnen und Bürger der USA darstellt, die Jahre lang für ihre Erfolge und Gleichberechtigung gekämpft haben. Doch stellt sich nun die Frage, inwiefern uns Trumps „anti-woke Politik“ auch in Deutschland betrifft.
Deutsche Unternehmen stehen vor einem Dilemma. Beispielsweise die „Deutsche Telekom“ generiert 65% ihres Umsatzes aus den USA. Sie sind praktisch auf die Zusammenarbeit angewiesen, wenn sie nicht wirtschaftlich untergehen wollen. Fordern Trump und die amerikanischen Firmen und Unternehmen nun jedoch „anti-woke“ Prinzipien, um eine Zusammenarbeit vorauszusetzen, so bekommen die deutschen Firmen ein großes Problem und vor allem Druck…Druck sich anzupassen, um ihre Existenz zu sichern.
Der Rechtsanwalt Marc Liebscher meint in einem Interview mit dem ZDF: „Den Unternehmen kann man keinen Vorwurf machen, sie müssen sich der Rechtslage beugen.“[3] Unternehmen wie die „Deutsche Telekom“ sind demnach bewegt dazu, sich Trumps Verboten zu ergeben, um ihre wirtschaftliche Aufgabe zu erfüllen. Es ist anzunehmen, das diesem Vorbild einige wichtige Unternehmen, wie auch die SAP, folgen werden. Doch was heißt das für uns konkret?
Für uns konkret bedeutet dies, dass Fortschritte, wie die angestrebte Gleichbezahlung von Mann und Frau, die Integrität von Flüchtlingen in Unternehmen oder die Einrichtung intergeschlechtlicher Toiletten, rückgängig gemacht werden. Ich persönlich kenne Unternehmer und Unternehmerinnen, welche seit Jahren gerne Migranten und Migrantinnen aufnehmen und diese bei ihrer rechtlichen Einbürgerung unterstützen. Viele von ihnen konnten durch ihre berufliche Sicherheit einer Abschiebung entkommen. Richten sich nun mehrere Firmen nach Trumps Anordnungen, so fällt dieser Aspekt in der Migrationspolitik weg.
Ein weiterer Aspekt, der 46,9% der Erwerbstätigen in Deutschland betrifft, ist die Gleichberechtigung in der Bezahlung zwischen Mann und Frau. Der ungereinigte Gender Pay Gap vergleicht die durchschnittlichen Bruttostundenverdienste von Frauen und Männern ohne Berücksichtigung struktureller Unterschiede wie Berufswahl, Arbeitszeit oder Qualifikation. 2013 hat dieser Unterschied 22% betragen [4]. In den letzten 10 Jahren ist er jedoch um 4%, also auf 18%, gefallen. Dies stellt einen kleinen, aber wichtigen Fortschritt dar. Der bereinigte Gender Pay Gap, welche die genannten Faktoren miteinbezieht, ist seit 2013 von 7% auf 6% gefallen. Es ist demnach erkennbar, dass sich das Verhältnis zwischen Mann und Frau in Bezug auf ihre Bezahlung durchaus in die richtige Richtung bewegt. Dies scheint zukünftig in Gefahr zu sein, denn ein erneutes Steigen des Pay Gaps scheint nicht abwegig und die Gleichberechtigung geriet wieder ins Wanken.
Die Konsequenz daraus ist der Verlust gesellschaftlicher Nachhaltigkeit. Bei dem Wort „Nachhaltigkeit“ denken viele Menschen zunächst an Umweltschutz und Ressourcensicherung. Dies ist auch überhaupt nicht falsch. Ein Aspekt der Nachhaltigkeit ist durchaus Ökologie, also der Schutz der Natur, der natürlichen Ressourcen und des Klimas. Jedoch spielen auch ökonomische und soziale Aspekte eine Rolle in Sachen Nachhaltigkeit. Für eine Gesellschaft die nachhaltig funktionieren und erfolgreich sein soll, müssen ökonomische, ökologische und soziale Aspekte in Einklang gebracht werden.
Diese Aufgabe ist folgendermaßen zu visualisieren: Eine Gesellschaft funktioniert nur dann, wenn sie wirtschaftlich tragbar ist und dabei die Umwelt, als den Grundstein alles Lebens, nicht zerstört. Außerdem muss sie sozial gerecht sein, damit alle Teilnehmer und Teilnehmerinnen gleiche Chancen haben und dadurch zufrieden sind. Die Geschichte hat in verschiedenen Revolutionen gezeigt, was passiert, wenn bestimmte soziale Gruppen vernachlässigt werden. Ein Blick auf die Armut in Russland bestätigt dies.
Fallen nun alle genannten Fortschritte in Richtung Gleichberechtigung weg, so sind wir wieder an dem Punkt angelangt, an dem Frauen, LGBTQ-Anhänger und Anhängerinnen und Migranten sowie Migrantinnen vernachlässigt werden. Daraus ist zu schließen, dass unsere Gesellschaft keinesfalls ihr Potential ausschöpfen können wird und sich in Sachen Funktionstüchtigkeit zurückentwickeln wird. Dies würde einen Rückschlag für uns alle bedeuten.
Schlussfolgernd entsteht ein Konflikt zwischen dem ökonomischen und dem sozialen Aspekt der Nachhaltigkeit. Aus Sicht der Unternehmen scheinen sie momentan schwer vereinbar. Wenden sich die deutschen Unternehmen gegen Trump, so unterstützen sie zwar die hart erkämpfte Gleichberechtigung, bringen sich und Deutschland jedoch in wirtschaftliche Schwierigkeiten. Andersherum bleibt zwar die Wirtschaft weitestgehend erhalten, die soziale Ungerechtigkeit und Unzufriedenheit im Land steigt jedoch.
Ich spreche mich dennoch gegen die Zusammenarbeit von deutschen Unternehmen mit Trumps „anti-woke Politik“ aus und begründe dies mit dem Wunsch nach Einheit gegen Trump. Verweigern alle oder zumindest viele wichtige Konzerne die Durchführung dieser, als menschenverachtend zu bezeichnenden, amerikanischen Vorschriften, so müsste Trump die Gegenbewegung ernst nehmen und seine Ideen zumindest international betrachtet überdenken und, Amerikas Wirtschaft zu Liebe, eindämmen. Würden die deutschen Konzerne dies nicht tun, sondern sich vor Trump klein machen, so bestände die Gefahr einer ausartenden Machtgier seitens Trump, welche gefährliche Konsequenzen für die ganze Welt mit sich ziehen würde. Für mich als Frau bedeutet Trumps „anti-woke Politik“ eine Rückentwicklung wichtiger Gleichstellungsanliegen. Sie schwächt den gesellschaftlichen Diskurs über Diskriminierung und erschwert das zukünftige, friedliche Zusammenleben von Menschen aller Art, für welches wir Jahrhunderte lang gekämpft haben. Langfristig bedroht sie damit nicht nur individuelle Freiheiten, sondern auch das soziale Klima, das eine diverse und gerechte Gesellschaft erst ermöglicht.
Daher plädiere ich für die Erhaltung der sozialen Nachhaltigkeit und die damit einhergehende Erhaltung eines funktionierenden, fairen und stark-zusammenhaltenden Deutschlands.
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