HEADLINE-Nachgefragt mit der Bundesinnenministerin Nancy Faeser
Ein Interview von Lukas Harper, Klasse 8d
Nancy Faeser ist die deutsche Bundesinnenministerin. In ihr Ressort fallen so ziemlich alle Themen, die gerade im Wahlkampf relevant sind: Bekämpfung von Hass und Extremismus, innere Sicherheit und Migration. Daher ist es schwer, an ein Gespräch mit ihr zu kommen, geschweige denn ein ganzes Interview mit ihr zu führen. HEADLINE hat es trotzdem geschafft und Frau Faeser treffen können. Der Fragenaustausch mit ihr fand aus Zeitgründen online statt. Über Hilfen für junge Erwachsene, die Anschläge der letzten Wochen und ihren Wahlkreis geht es in HEADLINE-Nachgefragt mit Nancy Faeser. Viel Spaß beim Lesen!
Was sind Ihre Aufgaben als Bundesinnenministerin?
Ein ganz zentraler Schwerpunkt meiner Arbeit als Bundesinnenministerin liegt im Bereich der inneren Sicherheit. Zu den Behörden, die meinem Ministerium unterstehen, gehören zum Beispiel die Bundespolizei, das Bundeskriminalamt oder das Bundesamt für Verfassungsschutz. Sie sorgen für die Sicherheit unserer Grenzen und bekämpfen unter anderem Terrorismus, Extremismus oder die Organisierte Kriminalität. Um die Sicherheit der Menschen geht es aber auch im Bevölkerungsschutz, bei dem zum Beispiel das Technische Hilfswerk eine wichtige Rolle spielt. Des Weiteren kümmert sich das Bundesinnenministerium um viele Fragen, die Recht und Verwaltung betreffen, ob es um Asyl- und Migration, den öffentlichen Dienst und die Digitalisierung unseres Staates, um Regelungen zu Waffen- und Sprengstoffen oder das Wahlrecht geht. Die Themenpalette ist unglaublich breit – in den insgesamt 19 Behörden und Einrichtungen meines Geschäftsbereichs sind rund 85.000 Menschen tätig.
Sie sind außerdem auch noch Bundesministerin für Heimat. Ist der Main-Taunus-Kreis für Sie Heimat oder der Bundestag oder können Sie mit diesem Begriff nichts anfangen?
Heimat bedeutet mir persönlich sehr viel. Ich bin in Bad Soden geboren, lebe mit meiner Familie in Schwalbach am Taunus und mein Herz schlägt für den Main-Taunus-Kreis, mit seinen vielen schönen Orten und den liebenswerten Menschen, die hier leben. Wo es um mein Ministerium geht, meint Heimat aber vor allen Dingen den Zusammenhalt der Bevölkerung in ganz Deutschland.
Wir stärken dieses Miteinander, zum Beispiel indem wir den Sport und das Ehrenamt stark machen. Gleichzeitig machen wir unsere Gesellschaft widerstandsfähiger – insbesondere gegen Kräfte im In- und Ausland, die Menschen gegeneinander aufhetzen wollen, Desinformation verbreiten und Hass schüren. Solche Tendenzen bekämpft mein Ministerium, indem es politische Bildung fördert, die demokratische Zivilgesellschaft unterstützt und die Integration und den Austausch zwischen den Religionen stärkt.
Was ist Ihr Lieblingsort in Ihrem Wahlkreis?
Der Viergötterstein in Schwalbach – mit dem wunderbaren Blick auf die Kronberger Burg und den Taunus.
Was möchten Sie explizit für unseren, bzw. Ihren Wahlkreis (180) im neuen Bundestag bewegen?
Erstens müssen etwas dafür tun, dass mehr Wohnraum zur Verfügung steht und die Mieten bezahlbar sind. Und zweitens müssen wir dafür sorgen, dass wir gute und sichere Arbeitsplätze haben und die Menschen, gerade Familien, so entlastet werden, dass sie von ihrem Einkommen gut leben können. Das gilt ebenso für unsere Rentnerinnen und Rentner. Drittens ist mir sehr wichtig, dass wir als Staat wieder in unsere Infrastruktur investieren, was auch für unseren Kommunen hier vor Ort ganz entscheidend ist.
Hängen für Sie terroristische Anschläge und die Migrationsfrage zusammen?
Warum werden Anschläge wie der in Magdeburg immer wieder von rechten und konservativen Gruppen instrumentalisiert?
Es ist notwendig, klar zu differenzieren. Sowohl in Magdeburg wie auch zuletzt in Aschaffenburg hatten wir es mit entsetzlichen Taten zu tun. Und wir müssen alles rechtsstaatlich Mögliche tun, um sie zu verhindern. Die Erkenntnisse der Sicherheitsbehörden zeigen, dass es bei beiden Taten kein klares terroristisches Motiv gab. Anders gestaltet sich der Fall bei den islamistisch motivierten Attacken, die wir im vergangenen Jahr zu beklagen hatten. Sie unterstreichen, dass auch unser Land im Visier des Terrors steht. Wir müssen mit aller Härte gegen die Radikalisierung solcher Täter vorgehen und unseren Sicherheitsbehörden zusätzliche Möglichkeiten geben, damit sie frühzeitig einschreiten und Schlimmerem vorbeugen können.
Gleichzeitig gilt: Es ist und bleibt falsch, die Schuld der Täter auf ganze Teile der Bevölkerung zu übertragen und Debatten auf dem Rücken von Menschen mit Einwanderungsgeschichte zu führen. Genau das ist es, was gerade Vertreter der extremen Rechten immer wieder versuchen, weil sich damit leicht an verbreitete Ängste und Vorurteile anknüpfen lässt. Dagegen müssen wir uns in aller Deutlichkeit wenden.
Was möchten Sie für junge Menschen im neuen Bundestag erreichen?
Ich will, dass in unserem Land jeder junge Mensch seinen Weg gehen und das Beste aus sich herausholen kann. Als Politik müssen wir deshalb dafür sorgen, dass sie freie Bahn haben: Indem wir ihnen Ausbildungswege öffnen und sie dabei finanziell zuverlässig unterstützen. Dazu müssen wir beispielsweise das BAföG so reformieren, dass es sich regelmäßig an die steigenden Kosten des täglichen Lebens anpasst. Außerdem will ich, dass mehr Studierende einen Anspruch darauf haben und Anträge schneller bearbeitet werden. Nicht zuletzt ist mir wichtig, dass wir gerade für Auszubildende und Studierende bezahlbaren Wohnraum schaffen. Das haben wir in den vergangenen Jahren bereits getan, wenn es darum ging, Wohnheimplätze für Auszubildende und Studierende zu schaffen und zu modernisieren. Und diesen Weg sollten wir fortsetzen.

Was ist Ihre Motivation, in der Politik mitzuwirken?
Politisch mitgestalten zu können, ist ein Privileg. Diese prägende Haltung hat mir schon in jungen Jahren mein Vater vermittelt, der über viele Jahre Bürgermeister von Schwalbach im Taunus war. Mit 18 bin ich in selbst in die SPD eingetreten, denn ich wollte vor Ort meinen Teil dazu beitragen, dass in meiner Heimat alle Menschen gut, sicher und solidarisch zusammenleben können. Das habe ich mir auch in meinem Amt als Bundesinnenministerin bewahrt. Auch gegen Antisemitismus und Rechtsextremismus zu kämpfen war mir immer ein Ansporn, mich für die Sozialdemokratie zu engagieren. Gerade diese Partei steht in einer wertvollen historischen Tradition, was die Verteidigung unserer Demokratie gegen Bedrohungen von Rechtsaußen angeht.
Das Interview wurde zum größten Teil aus Termingründen digital geführt. Es soll keine Wahlwerbung darstellen, sondern ist als Orientierung zu verstehen.
Die Fotos sind am Tag des Treffens mit Lars Klingbeil und Nancy Faeser entstanden. Alle Rechte liegen bei Lukas Harper bzw. HEADLINE und Tobias Undeutsch (SPD).